2. Die Gründungsjahre der SpVgg Fürth
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Reinhard Barthel bringt das Spiel nach Fürth |
"Die
Neunziger Jahre vergingen, ein neues Jahrhundert begann, und mit
diesem Jahrhundert kam für den Fußballsport in unserer Stadt die
Morgenröte."
(Gottlieb Wunschel) |
Reinhard Barthel |
Es sollte aber noch einige Zeit dauern, bis sich
das Fußballspiel im faustball-liebenden Fürth einbürgern
konnte. Erst im Sommer 1902 gelang es Reinhard Barthel, selbst
Faustballer beim TV 1860 Fürth, bei einigen seiner
Faustballkameraden das Interesse am Fußball zu wecken. Barthel
spielte bereits beim 1900 gegründeten 1.FC Nürnberg und
erzählte seinen Fürther Freunden von einer Fußballbewegung, die
in Nürnberg bereits Fuß gefasst hatte.
Daraufhin fanden sich
sofort einige Sportbegeisterte um Barthel zusammen, die von jetzt
an ihre ganzen Kräfte auf das "Unternehmen Fußball"
richteten. Mit dabei waren zum Beispiel Otto Stöhr und Andreas
Zolles. Man besuchte zunächst einige Fußballspiele in Nürnberg
auf der Deutschherrnwiese, um sich mit den genaueren
Voraussetzungen bekannt zu machen und sich zu orientieren. |
Danach probierte man das
Gesehene in Fürth aus, wobei vorerst der Turnplatz an der
Turnstraße als Übungsplatz diente. Dort erlernten die eifrig
bemühten Fürther zunächst die einfachsten technischen
Notwendigkeiten im Umgang mit dem Ball.
Im Herbst bildete man eine erste Mannschaft, um das Erlernte in
Spielen gegen andere Mannschaften ausprobieren zu können. Schon
am 3.9.1902 riefen fast 30 Fußballbegeisterte die SpVgg des TV
1860 inoffiziell ins Leben. Jetzt musste aber erst eine Mannschaft
gefunden werden, die sich bereit erklärte, gegen die Anfänger
aus Fürth anzutreten; außerdem wurde hierzu ein größerer Platz
benötigt.
Mit Hilfe von Barthel und dessen guten Beziehungen zum 1.FCN wurde
gegen Ende des Jahres 1902 ein erstes Lehrspiel gegen den Club
vereinbart. Gespielt wurde einfach auf dem Jugendspielplatz am
Schießanger, wo die Fürther mit 0:15 unterlagen. Bei der
nächsten Begegnung mit dem Club, im Januar 1903, gelang den
Fürthern zwar ihr erstes Tor, das Spiel musste aber beim Stand
von 1:0 wegen eines Schneegestöbers abgebrochen werden. |
Am 18.2.1903 trafen sich
die Fürther Fußballer in der Turnhalle des TV 1860 zu einer
ersten Beratung, um sich unter anderem über einen geeigneten
Platz für die Zukunft Gedanken zu machen. Die Platzfrage war
allerdings schnell geklärt, da die Stadtverwaltung den
Fußballern erlaubte, den Schießanger in der Zeit, in der die
Schuljugend nicht spielte, weiterhin zu benutzen. Regelmäßiger
Übungstag wurde der Sonntagvormittag und später auch der
Samstagabend. Mit den heutigen Platzverhältnissen waren die
Zustände damals aber nicht vergleichbar. Es gab weder
Umkleidekabinen noch eine Aufbewahrungsmöglichkeit für die zum
Spiel nötigen Utensilien. So mussten Torbalken, Malstangen, usw.
vor jedem Spiel oder Training vom 10 Minuten entfernten
Versammlungslokal Balzer in der Gustavstrasse zum Platz getragen
werden. |
Ruff H., Peter, Barthel, Ruff E., Kleininger,
Stöhr Kleininger Fr., Weigmann, Leber H. |
"Von ihrem Lokal bei der
"Balzersmutter" in der Gustavstrasse aus wanderten die
Besessenen jeden Sonntag auf ihren Schießanger", doch die
Zustimmung der Bevölkerung ließ auf sich warten. Zu jedem Spiel
oder Training fanden sich zwar einige neugierige Zuschauer ein,
aber weniger aus Interesse denn aus "Gaudi" .
"Als die wackere Schar einmal bei einer Kälte von 17 Grad ...
zu ihrem Schießanger zog, gab es nur eine Meinung: Etz sinns ganz
närrisch worn".
Solche und andere, fast mitleidig klingende Bemerkungen waren
an der Tagesordnung, denn "dass man Menschen, die an so einer
Hetz Gefallen finden können, für nicht ganz normal halten
müsse, war für die meisten eine ausgemachte Sache". |
Erst langsam schlug die
anfängliche Ablehnung in Duldung, und schließlich in Anerkennung
um 6. Doch zunächst gab es am 19.3.1903 im ersten Wettspiel der
jungen SpVgg, wieder gegen den 1.FCN, eine hohe 11:0 Niederlage.
Allerdings nutzte die Fürther Mannschaft die Chance, vom Gegner
zu lernen, denn ihre Spielkultur ließ immer noch sehr zu
wünschen übrig.
Die mitleidige Reserviertheit der Bevölkerung war folglich
durchaus verständlich, da für Außenstehende der Sinn des
Spiels, nämlich den Ball durch Teamarbeit ins gegnerische Tor zu
bringen, kaum erkennbar war.
"Es war zu Anfang noch vielfach ein
allgemeines, wildes Jagen nach dem Ball. Der Glückliche, dem es
gelang, ihn in seine Gewalt zu bekommen, verfolgt von der übrigen
Meute, gab ihn sobald nicht wieder her, auch nicht an Angehörige
seiner eigenen Partei; denn er wollte ja womöglich selbst der
Held sein und ein Tor schießen" .
Auf Veranlassung von Andreas Zolles leisteten die Nürnberger "Entwicklungshilfe"
, und liehen ihren Spielführer Fritz Servas aus, der die Führung
der Fürther Mannschaft übernahm. |
Am 23.9.1903 kam es dann
zur entscheidenden Generalversammlung im Gasthaus Balzer, bei der
die schon früher provisorisch gewählte Vorstandschaft mit A.
Zolles als ersten Vorsitzenden bestätigt wurde, und die SpVgg des
Turnvereins 1860 offiziell ins Leben gerufen wurde.
Die SpVgg war demnach kein eigener Verein, sondern eine Abteilung
innerhalb des alten Turnvereins. Das Gasthaus der Fam. Balzer, das
schon vorher das Stammlokal der Fürther Fußballer war, wurde nun
das erste Vereinslokal der SpVgg Fürth. |
1905 am Schießanger |
Finanziell war die SpVgg
zu Beginn vor allem von der Gutmütigkeit der Mitglieder und den
sehr niedrigen Beiträgen abhängig. So brachte eine
Christbaumverlosung zu Beginn des Jahres 1904 eine wohltuende
Mehreinnahme von 100 Mark.
In diesem Jahr gelang auch endlich der erste Sieg der SpVgg: ein
4:0 Erfolg gegen den MTV Nürnberg. Gegen Ende des Jahres
existierten bereits drei Mannschaften, und mit einer steigenden
Zahl an Wettspielen wurde eine einheitliche Spielkleidung immer
nötiger, da die Schiedsrichter die meist nur durch Armbinden
gekennzeichneten Spieler kaum unterscheiden konnten. |
1905 bekam die SpVgg dann
ihr erstes Vereinstrikot: eine schwarze Hose und ein weißes Hemd
mit einem großen grünen Kleeblatt auf der Brust. In dieser Zeit
wurde auch die erste Jugendmannschaft gegründet, in der viele
Talente heranwuchsen, die am späteren Fürther Aufstieg
maßgeblich beteiligt waren.
Mittlerweile stand die SpVgg aber vor ihrem ersten größeren
Problem: Die Stadtverwaltung hatte das Spielen auf dem
Schießanger untersagt, und man war auf der Suche nach einem neuen
Platz.
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Die SpVgg stellt sich auf eigene Füße |
Als Übergangslösung
stellte Torwart und Vorstand A. Zolles dem Verein seinen Acker
hinter den Kasernen in der Flößaustrasse als Provisorium zur
Verfügung. Unterdessen war man bemüht, so schnell wie möglich
einen neuen Platz ausfindig zu machen. Bei der Suche stieß man
u.a. auf eine Wiese bei der Baumschule hinter dem Stadtpark. In
einer am 7.2.1906 stattfindenden Versammlung kam es zu folgenden
richtungsweisenden Beschlüssen:
- Austritt aus dem Nürnberg-Fürther Fußballbund, in dem die
Vereine als Schwesternklubs verbunden waren (Von jetzt an nahm
die Abgrenzung immer mehr zu.)
- Erhebung einer Eintrittsgebühr von 20 Pf. für Erwachsene
und 10 Pf. für Kinder bei Wettspielen
- Erhöhung des Monatsbeitrages auf 40 Pf.
- Einigung auf den Platz bei der Baumschule
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Da die Verhandlungen über
den Kauf des Platzes aber zu keinem Ergebnis führten, stieß
Michael Wolfsgruber noch auf ein weiteres Grundstück, das nicht
zu weit von der Stadt entfernt lag und gut zugänglich war: den
Platz an der Vacher Strasse.
Um die Pacht von 370 Mark im Jahr bezahlen zu können und um den
Platz gestalten zu können, war die SpVgg auf die Unterstützung
des Stammvereins TV 1860 angewiesen. Doch der TV verhielt sich
ablehnend und gewährte der SpVgg keinerlei Zuschüsse, weder für
Pacht oder für Kleidung, noch für Auswärtsspiele oder
Ähnliches. |
Der Platz an der Vacher Strasse 1909 |
"Turnen war eben in
dieser Zeit die alleinseligmachende Leibesübung" 9, und der TV
1860 war in keiner Weise bereit, etwas zur Weiterentwicklung der
SpVgg beizutragen. Auch einer Satzungsänderung, die der SpVgg
erlaubt hätte, schon Jugendliche aufzunehmen und dadurch die Zahl
der Mitgliedsbeiträge zu erhöhen, stimmten die Turner nicht
zu.
Dies war aber für die Finanzierung des eigenen Platzes unbedingt
erforderlich. Der Streit wurde immer weiter auf die Spitze
getrieben und endete schließlich in einem Antrag der SpVgg, als
Spielabteilung aus dem TV auszutreten.
Daraufhin wurde am 21.11.1906 der Beschluss gefasst, sich vom
Hauptverein TV 1860 zu lösen und sich als selbständiger Verein
anzumelden. Der Name "Spielvereinigung Fürth" wurde dabei
beibehalten. Von nun an konnten Mitgliederbeiträge endlich ganz
für eigene Interessen verwendet werden. |
Die Herstellung des
Platzes kostete ungefähr 1000 Mark. Mit diesem Geld wurde eine
Art Tribüne, eigentlich ein mit Stühlen ausgestatteter
Holzfachwerkbau ohne Dach, gebaut, die eigentliche Spielfläche
mit einem Stangengeländer, und der Platz mit einem Holzzaun
umgeben. Durch diese letzte Maßnahme war es einfach, die Erhebung
von Eintrittsgeldern umzusetzen.
Das neue Gelände war einem Fußballplatz schon ähnlicher, es
hatte nur einen Nachteil: Es lag im Hochwassergebiet, was der
SpVgg einige Male zum Verhängnis wurde. Jetzt, als selbständiger
Verein, standen der SpVgg alle Wege offen. Der sportliche Erfolg
nahm stetig zu, und die Spiele fanden immer größeren
Zulauf.
Fans und Mitglieder vermehrten sich explosionsartig, so dass man
das zu klein gewordene Vereinslokal wechseln musste, und für
kurze Zeit im Gasthaus "Zu den drei Königen", der heutigen
"Kupferpfanne", residierte.
Doch schon ein Jahr später, am 31.8.1907, entschloss man sich zu
einem weiteren Umzug in das Nebenzimmer der Restauration "Langmann"
in der Königsstrasse 128, um den steigenden Mitgliederzahlen
gerecht zu werden. Noch im selben Jahr wurde der erste Nebenzweig
innerhalb der SpVgg, eine Leichtathletikabteilung gegründet. Dies
war nur eine der Folgen des zunehmenden sportlichen Erfolges.
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Am 11.3.1908 trat außerdem Karl Burger in den
Verein ein. Er gehörte schon früh zum Kader der
Nationalmannschaft des DFB und verhalf der SpVgg mit seiner
sympathischen Art und seinem Können zu einem ungeahnten
sportlichen Aufstieg. Als Indiz dafür konnte dem 1.FCN am
6.12.1908 erstmals ein 3:3 Unentschieden an der Vacher Strasse
abgerungen werden.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag fand dann sogar das erste Wettspiel
gegen eine ausländische Mannschaft, den FC Winterthur (Schweiz),
statt. Der Verein expandierte immer mehr. |
Schon im Oktober 1908
hatte man erste Schritte zur Gründung eines Platzfonds
unternommen, da die Anforderungen immer höher wurden. So musste
z.B. ein Antrag auf einen Tennisplatz aufgrund der ungenügenden
Platzverhältnisse abgelehnt werden. Schließlich begab man sich
gegen Ende des Jahres 1909 ein zweites Mal auf die Suche. |