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Saison 1953/1954
21. Spieltag - So., 24.01.1954, 14:30 Uhr
1. FC Nürnberg - SpVgg Fürth
1:1 (0:1)
169. Derby

Die beißende Kälte vermochte mich nicht von meinem Sitz, 30 Minuten vor dem Spiel und während der Pause, fortzujagen. Die alten Gesichter sah man und alte Erinnerungen wurden geweckt. Hier Heiner Trag, Heiner Stuhlfauth, "Tipfi" Oehm, „Muckl" Eiberger und Willi Billmann. Dort Hans Hagen, immer noch so grimmig wie eh dreinschauend. Daneben Karl Rupprecht, Karl Schnitger, Hannes Emmert, „Kneißl" Krauß und wie sie alle heißen. Sie alle sind von Deutschlands reizvollstem Derby nicht wegzudenken.
Wie wenn sich etwa Heinz Neuhaus und Hein ten Hoff zum 20. Male gegenüberstünden, so ähnlich tasteten sich Club und Fürth vorerst ab. Kleine Ausfallversuche - mehr nicht! Aber in diesen Minuten des Aufwärmens rückten schon zwei Gestalten in den Mittelpunkt: hier Max Appis und dort Horst Schade! Eben hatte Geißler (7. Minute) Glück, als er mit Schade zusammengestoßen war und der Ball geruhsam am Toreck vorbeitrudelte, als Fürth typisch fürtherisch zum 1:0 kam: Appis versuchte es am rechten Flügel, schoss dann selber aus ungünstiger Position, Häfner, etwas eingeklemmt, lenkte weiter und Landleiter gewann den Zweikampf gegen den sich werfenden Fößel. 1:0 nach zehn Minuten. „Nicht einmal unverdient", raunte mein fröstelnder Nachbar.
Viele, die den routinierten Baumann in den letzten Wochen verdammt hatten, mögen ihn diesmal ebenso leidenschaftlich herbeigewünscht haben. Der ruhende Abwehrpol fehlte! Es knisterte im Nürnberger Abwehr-Gebälk. Mai und Gottinger merkten das. „Jetzt los!" keuchte der kaum zu bändigende Mai seinem Nebenmann zu. Schober wusste nicht, was er tun sollte. Zurückspielen, frei wegschlagen, selbst Fößel wurde angesteckt. Schon winkte Fürth das 2:0.
17. Minute: Wieder war Appis, der technisch perfekteste Spieler unter den 22, auf der rechten Seite losgezogen und hatte mit einem weiten Flankenball die Club-Abwehr überspielt. Gottinger und Mai standen beide zehn Meter frei vor Fößel. Ja, verehrter Leser, es stimmt schon, die beiden Fürther Seitenläufer vor dem Club-Hüter. Mai spielte (die Schuss-Verantwortung!) Gottinger zu. Gottinger passte wieder zu Mai zurück, bis diese wohl günstigste Einschuss-Chance vergeben wurde.
Nach 30 Minuten das gleiche Bild: Fürth zielstrebiger, immer die Richtung Tor suchend. Nürnberg dagegen verspielt, nervös und von der aufmerksamen Fürther Deckung förmlich eingeklemmt.
Typisch für die verschiedenartige Spielart (31. Minute): Schade verdribbelt sich; er sieht einfach niemand, den er anspielen könnte und verliert den Ball an Appis. Appis lenkt weiter zu Häfner, der den freistehenden Landleiter bedient, der ganz knapp vorbeiköpft. Wo war das gefährliche Club-Innentrio? Morlock war beinahe abgemeldet, Schade fast auf sich allein gestellt, und Schweinberger rieb sich im Mittelfeld auf. Eine tolle Szene aber noch kurz vor der Pause: Freistoß (18 Meter) für Nürnberg. Appis dirigiert die Mauer (obwohl ihn Schmetzer kurioserweise daran stören wollte) und dennoch fand Schade eine Lücke. Mit einem raffiniert gezogenen Ball zwang er Geißler zu einem mächtigen Panthersprung quer durch das Tor - gehalten!
Die mürrischen, unzufriedenen Stimmen überwiegen in der Halbzeit. Weshalb bloß? Und "Seppl" Herberger? Er fand das Ergebnis nach 45 Minuten gerecht und schmunzelte über die Leistungen der Kandidaten, die er beobachten wollte. Nur einer war bis dahin abgeschlagen: Bergner.
Man spürte es - der Club wollte es jetzt wissen. Keine Vorwürfe mehr untereinander, Aufmunterungen. Spieler und Ball liefen jetzt. Mai, Gottinger, der unerhört sich entwickelnde Bauer und Vorläufer aber begannen zu keuchen. Appis und Hoffmann hingen viel zu weit zurück. 40 Minuten lang konnte man so nicht ein 1:0 halten! Hahnemann tauchte an der Seitenlinie auf: „Horst auf den Flügel, Koch wieder in die Verbindung!" Gleich lief es besser. Da zerschlug Schades prachtvoller Treffer alle kühnen Fürther Hoffnungen.
61. Minute: Irgendwer, ich glaube es war Morlock, hatte Schade angespielt. Richtig angespielt. Zu einer Schrittbewegung hatte der Ex-Fürther keinen Platz mehr. Den Ball mit der Brust töten und dann direkt mit dem rechten Fuß einknallen, 1:1! Der Zabo stand kopf! Schade wurde halb erdrückt! Resigniert blickten sich die Fürther an. Echte Derby-Stimmung herrschte.
Und in den nächsten 15 Minuten verpasste der 1. FCN das 2:1. In Stichworten die Szenen: 66. Minute: Herbolsheimer frei vor Geißler, der Fürther rettet, Schade köpft den abgewehrten Ball ins leere Tor - Geißler rettet zurückhechtend! 70.: Schade spielt sich am linken Flügel den Ball von einem auf den anderen Fuß, flankt - Winterstein ist frei, völlig frei, und schlägt über den Ball. Nürnberger Chor: Ach, Conny… 79.: Diesmal knallt Winterstein beherzt aus 18 Metern aufs Tor, doch wieder hechtet Geißler in die Ecke… Nur einmal winkte noch Fürth, nach machtvoll geblasener Gegenoffensive Mais und Gottingers, die Führung: Landleiter war Mirsberger ausgewichen, hatte jedoch zu scharf geflankt und Hoffmann, etwas zu spät gestartet, verpasste.
Einzelbewertung: Geißler: enorm verbessert. Spielt gut mit seinen Vorderleuten.
Bauer: die Verteidiger-Entdeckung! Und dabei noch nicht ausgereift.
Erhard: 45 Minuten beherrschte er Herbolsheimer völlig. Dann musste er kämpfen und - viel laufen.
Mai: Kondition für zwei Spiele! Weniger schimpfen. Nationalspieler-Auszeichnung verpflichtet!
Vorläufer: sehr wirksam. Folgte aber Schade nach der Pause nicht so konsequent wie vorgesehen.
Gottinger: die eindrucksvollste Leistung seit Wochen.
Hoffmann: Formtief. Wenig Spiellust.
Koch: kann in die Verbinder-Rolle hineinwachsen. Geduld!
Häfner: feines Spielverständnis. Muss Kopfballspiel lernen.
Appis: die Figur, um die sich alles drehte.
Landleiter: mit Torinstinkt. Rechten Fuß verbessern!

Vorspiel der Reserven: 1. FC Nürnberg - SpVgg Fürth 2:2
1. FC Nürnberg: Fößel - Mirsberger, Kraft - Bergner, Schober, Kallenborn - Herbolsheimer, Morlock, Schade, Schweinberger, Winterstein - Trainer: Anton Kugler
SpVgg Fürth: Geißler - Bauer, Erhard - Mai, Vorläufer, Gottinger - Hoffmann, Koch, Häfner, Appis, Landleiter - Trainer: Willi Hahnemann
Tore: 0:1 Landleiter (10.), 1:1 Schade (61.)
Schiedsrichter: Schmetzer (Mannheim)
Zuschauer: 27000
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