Eigentlich war nach acht Minuten schon alles vorbei: Borussia Mönchengladbach führte im Playmobil-Stadion 2:0, und die Aufstiegshoffnungen der SpVgg Greuther Fürth waren so gut wie dahin. Doch das Kleeblatt riss das Ruder in einer begeisternden zweiten Hälfte noch einmal herum und erhielt sich mit einem 2:2 die kleine Chance, am nächsten Sonntag in Hannover ähnlich jubeln zu dürfen wie die Gladbacher, denen das Unentschieden die Rückkehr in die Bundesliga bescherte.
Es waren die ersten acht Minuten, an denen die Fürther zu knabbern hatten: Kaum hatte man sich auf dem Feld sortiert, kickte der Ex-Kleeblättler Arie van Lent die Kugel dem von Matthias Surmann aus den Augen gelassenen Peter van Houdt in den Lauf, und der legte den Ball wieder zurück auf van Lent, der aus kurzer Entfernung ins leere Tor schieben durfte.
Die etwa 5000 Borussen-Fans im Ronhof waren sich zu diesem Zeitpunkt schon sicher, dass sie so schnell „nie mehr Zweite Liga " ertragen müssten und wurden in dieser aus Tausenden von Kehlen dröhnenden Annahme schon kurz darauf bestärkt. Ralph Hasenhüttl, eigentlich für Fürther Treffer zuständig, leistete sich einen unbegreiflichen Blackout und lenkte eine eigentlich ungefährliche Gladbacher Flanke in Torwartmanier per Hand in Richtung Eckfahne. Igor Demo ließ sich das nette Geschenk nicht entgehen und schoss die Fohlen 2:0 in Führung.
„Das war ein Schock, wir brauchten lange, bis wir uns davon erholt hatten", so Fürths Coach Uwe Erkenbrecher. Er musste mit ansehen, wie seine Taktik, das Fehlen der Borussia-Abwehrrecken Korell und Fletsch durch die Hereinnahme der „Brecher" Kioyo und Hasenhüttl auszunutzen, Makulatur war. Gladbach stand nun massiert, beherrschte zunächst den Gegner, „doch schon vor der Pause hat man gesehen, dass sich das Spiel dreht", kritisierte Borussia-Coach Hans Meyer seine Elf.
„Die Jungs waren in der Pause ganz heiß drauf, rauszugehen und ihre Fehler zu korrigieren", so Erkenbrecher, der den überforderten Kioyo durch Ruman ersetzte. Das Kleeblatt setzte jetzt dem Gast mit enormem Kampfgeist und großem Laufpensum zu. „Wir haben zwei grundverschiede Halbzeiten gesehen, die Fürther haben dann gezeigt, warum sie in der Rückrunde die drittbeste Mannschaft sind", analysierte Borussen-Coach Hans Meyer. Dessen Team agierte schließlich wie das Kaninchen vor der Schlange.
Diese biss dann in der 56. Minute erstmals zu. Hasenhüttl wetzte seine Scharte wenigstens zum Teil wieder aus, als er mit einer Flanke Daniel Felgenhauer bediente, der sich an Quido Lanzaat vorbeimogelte und den Ball an Uwe Kamps vorbei zum Anschlusstor platzierte. Der Ronhof, seit seligen Oberliga-Zeiten wieder einmal ausverkauft, wurde schon 50 Sekunden später in seinen Grundfesten erschüttert. Die Gladbacher, sichtlich angeschlagen, verloren gleich nach Wiederanstoß den Ball. Felgenhauer schlug eine weite Flanke, und Kapitän Mirko Reichel traf mit einem wunderschönen Flugkopfball zum 2:2.
Nicht mal 60 Sekunden zuvor schien die Bundesliga in unerreichbare Ferne gerückt für die Fürther, doch plötzlich war sie wieder da, die große Chance. Die Fürther setzten entschlossen nach. Hasenhüttl hätte dann vom tragischen zum strahlenden Helden werden können, doch sein Gewaltschuss aus 16 Metern, für Kamps unerreichbar, touchierte nur die Latte (63.). Ianni Amanatidis zielte kurz darauf ebenfalls nur knapp vorbei (66.).
Die Gastgeber versuchten es weiter, nach vorn gepeitscht vom nun euphorischen Publikum und mit zwei weiteren Offensivkräften, Faouzi Rouissi und Christian Hassa. Doch mit zunehmender Spieldauer machte sich dann doch bemerkbar, dass die Aufholjagd zu viel Kraft gekostet hatte.
Der Abpfiff von Schiedsrichter Strampe ging dann unter im ohrenbetäubenden Lärm der Gladbacher Fans, die das Spielfeld stürmten. „Wir haben unsere Fans in den letzten beiden Spielen schon enttäuscht. Schön, dass sie jetzt feiern können", so ein ruhiger, fast nachdenklicher Hans Meyer nach dem Spiel. Den Fans war die Zurückhaltung egal. Sie feierten, und das, da auch die Fürther Anhänger fair gratulierten, glücklicherweise friedlich und einigermaßen diszipliniert - herrliche Fußballstimmung im Ronhof, die die Einheimischen aber eher mit Wehmut verfolgten.
Jürgen Schmidt
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