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Saison 1974/1975
8. Spieltag - Sa., 21.09.1974, 15:30 Uhr
1. FC Nürnberg - SpVgg Fürth
2:0 (1:0)
213. Derby
 

Im Derby — genaugenommen versteht man darunter das wichtigste englische Zuchtrennen — laufen die Pferde unter gleichen Gewichten, so daß das siegreiche Pferd einen besonders hohen Zuchtwert erlangt. Auf das 213. Lokalderby zwischen den ewig alten Rivalen Club und „Kleeblatt" trifft diese Sport-Brockhaus-Definition jedoch nicht ganz zu. Wer will bestreiten, daß auf den Schultern der Fürther nach vier Niederlagen in einer Folge die größere Last lag? Und dem 1. FCN kann man trotz des 2:0-Sieges keineswegs einen besonders hohen Wert zuerkennen. Gewiß ist er in der Tabelle auf dem Vormarsch, aber der Vorsprung des Spitzenreiters KSC beträgt immer noch fünf Punkte. Die Optimisten unter den treuen Club-Fans sehen die Situation durch ihre auf Hochglanz polierte rosarote Brille. „Der Vorwärtsmarsch ist nicht aufzuhalten", behauptete einer der Fahnenträger aus Block vier, „denn wir haben jetzt dreimal hintereinander gewonnen und kassieren auch beim VfR Mannheim beide Punkte" So betrachtet freilich .. , sieht die Lage für die Tilkowski-Truppe ganz passabel aus.
Und dennoch ein Veto: Die Leistung in diesem Aufeinandertreffen der beiden alten Rivalen — nach Auffassung von „Zapf" Gebhardt war es eines der schwächsten Derbys überhaupt — läßt nicht den Schluß zu, daß die Nürnberger jetzt die gesamte Konkurrenz in Grund und Boden spielen und sich dadurch wieder auf den „Platz an der Sonne" katapultieren werden. Gegen die Ronhofer benötigten sie neben einer großen Portion Kampfgeist die Gunst von Fortuna — und etwas auch die von Schiedsrichter Biwersi.
Die Gäste kamen etwas schneller aus der „Startmaschine" und bewegten sich flüssiger. Mit geschickten Quer- und Steilpässen sorgten sie dafür, daß die Clubdeckung Schwerstarbeit verrichten mußte. Ihr Manko: In der gegnerischen Hälfte waren sie in jenem Teil des Spielfeldes, das eine Länge von 16,50 m aufweist und Strafraum genannt wird, ausgesprochen harmlos. Eine Hauskatze, die einem Tiger den Kampf erklärt! Trotz der guten Ansätze von Neuzugang Bajlitz und der Bemühungen des erstmals wieder mitwirkenden Dennerlein konnte man nie von einem druckvollen Angriffsspiel sprechen. Und so hatte FCN-Keeper Schwarzwälder kaum Gelegenheit, seinen Leistungsanstieg den 30 000 Zuschauern zu beweisen.
Es wäre auf der anderen Seite aber auch verkehrt, dem Club-Angriff Lobeshymnen zu singen, denn die Nüsse, die ihm die „Kleeblättler"-Deckung aufgab, konnte er kaum knacken. Alles war zu schematisch angelegt, so daß sich in den ersten 45 Minuten kaum eine echte Chance offenbarte. Lediglich Mittelfeldspieler Geinzer sorgte bei seinen Läufen für Überraschungsmomente. Was dagegen die Angriffsspitzen produzierten, war „Ausschußware". Mittelstürmer Walitza ist längst nicht spritzig genug, um Wunderdinge vollbringen zu können. In dieser Verfassung ist er jedenfalls nicht um einen Deut besser als seine Vorgänger Geyer und Nahlik. Sein Glück: Die Fans sind geduldig, wie bei keinem anderen Clubspieler. Das sollte ihm Mut geben! Bittlmayer dagegen kann ein Lied von der Wandelbarkeit der Gunst der Massen singen: Hatten die Zuschauer kurz vor der Pause noch heftig seine Auswechslung verlangt, so feierten sie ihn nach seinem Tor in der 50. Minute stürmisch wie einen Volkshelden.
Daß Bittlmayer überhaupt einlaufen konnte, verdankt er dem Großmut — eigentlich ist es Inkonsequenz — von Trainer Hans Tilkowski, der nach dem Heimspiel gegen die Stuttgarter Kickers nachhaltig erklärt hatte, daß dieser Bittlmayer so schnell nicht mehr auf der Ersatzbank sitzen werde. Wenn man es so will, stimmt es: Der launische Flügelflitzer drückt ja nicht die Bank, sondern er spielt doch.
Und was wäre, wenn Linksaußen Hiestermann in einigen Situationen das Fußballfeld nicht mit einer Slalompiste verwechseln würde: Er würde dann viel mehr erreichen — für die Mannschaft. Doch in kämpferischer Hinsicht ist der kleine Mann ganz groß.
Im Mittelfeld erreichten Nüssing und Petrovic nicht ihre Höchstform. Der Jugoslawe hätte eigentlich nicht erst von seinem Trainer vom Platz geholt, sondern zuvor schon wegen einiger Fouls von Referee Biwersi geschickt werden müssen. Dem „Dani" fehlt einfach eine klare Linie. Die Abwehr, aus der die beiden Außenverteidiger Sturz und Pechtold herausragten, ist zwar noch kein unüberwindliches Bollwerk, wirkt aber wieder etwas sicherer.
Die „Kleeblättler" spielten zwar noch längst nicht so, wie das ihr Herr und Gebieter Fred Hoffmann erwartet, aber doch weit stärker als zuletzt. Daß ihnen Schiedsrichter Biwersi in einigen Szenen nicht wohl gewogen war, schmerzte sie gewaltig. Nur liegen sie völlig schief, wenn sie den an Geinzer verursachten und vom Schiedsrichter nicht gepfiffenen Foulelfmeter anzweifeln. Das war ein hundertprozentiger Strafstoß! Ebenso eindeutig war aber der Treffer, den Bopp zwei Minuten danach erzielte und dem Biwersi seine Anerkennung versagte.
Der Strafkatalog für den Kriminalbeamten aus dem Saarland enthält noch einige weitere „Delikte". Das gravierendste muß genannt werden: Während er bei Verletzungen von Club-Spielern zu Recht zuließ, daß sich zwei Ärzte, der Masseur und der Trainer, um ihre Schützlinge kümmerten, gewährte er solche Gunst den Gästen nicht. Warum sind die Schiedsrichter nur so stur? Man sollte ihnen das Beispiel des FCN-Amateurtorhüters Walter Spangler immer wieder vor Augen führen. Das Wohl und Wehe der Aktiven hat einfach Vorrang!
Doch die 0:2-Niederlage haben sich die Männer aus dem Ronhof selbst zuzuschreiben. Wenn man im Angriff so harmlos operiert, kann man einfach nicht gewinnen. Und druckloser als der Fürther Sturm agiert wohl keiner in dieser zweiten
Bundesliga Süd. Die Abwehr dagegen stand lange Zeit sicher wie eine Eins, doch zweimal beging sie — wie Trainer Hoffmann resümierte — anfängerhafte Fehler. Vor allem beim 2:0! Auswechselspieler Majkowski konnte ein Solo aus dem eigenen Strafraum heraus mit einem Torschuß abschließen. Das war nur das „Verdienst" von Libero Ammon, der in der Daueroffensive der letzten Viertelstunde auf Deckung keinerlei Wert mehr legte.
Auf jeden Fall benötigen die Fürther aus ihrem Heimspiel gegen 1860 München beide Punkte, denn danach stehen schwere Treffen in Hof und gegen den FC Augsburg auf dem Programm. Der Zwang des Gewinnenmüssens zieht Hektik und andere schlechte Begleitumstände natürlich nach sich. Zum Glück sind die Verantwortlichen der Spielvereinigung vernünftig und ziehen keinen Trainerwechsel ins Kalkül. Ihnen sei gesagt: Mit dieser Mannschaft sind keine Wunderdinge möglich! Namen und Können des Trainers spielen dabei überhaupt keine Rolle.
Beim 1. FC Nürnberg dagegen sollte der Weg weiter nach oben führen. Er muß es auch, denn diese kostspielige Mannschaft ist zum Erfolg verdammt. Ein Sieg in Mann- heim ist die Grundvoraussetzung für weiteren guten Besuch beim Gastspiel des FC Saarbrücken, der in den letzten Wochen mächtig Furore machte.
1. FC Nürnberg: Schwarzwälder - Pechtold, Rüsing, Hannakampf, Sturz - Geinzer, Nüssing, Petrovic (70. Majkowski) - Bittlmayer (62. Schabacker), Walitza, Hiestermann - Trainer: Hans Tilkowski
SpVgg Fürth: Löwer - Klump, Lausen, Ammon, Schülke - Bopp, Bergmann, Unger - Heubeck, Bajlitz, Dennerlein (62. Heinlein) - Trainer: Alfred Hoffmann
Tore: 1:0 Bittlmayer (50.), 2:0 Majkowski (88.)
Schiedsrichter: Biwersi (Bliesransbach)
Zuschauer: 28000
Gelbe Karten: Petrovic
Gelbe Karten (Gast): Bajlitz, Unger
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