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Saison 1955/1956
21. Spieltag - So., 19.02.1956, 14:30 Uhr
1. FC Nürnberg - SpVgg Fürth
2:1 (1:1)
174. Derby

Kurz nach Spielschluss kletterte ich mit einigen Kollegen über die Barriere und tastete mich über den Eishügel hinweg aufs Spielfeld vor. Wie vvertvoll diese Platzüberprüfung doch war. Eine dünne Schicht Neuschnee verhüllte den tückischen Eisbelag, auf dem schon das Gehen ohne Ball Schwierigkeiten machte. Wie anders müssen wir jetzt unsere Kritik abstimmen.  Trotz dieser schwierigen, hemmenden Art des Platzes erlebten wir ein echtes Derby. Temperamentvoll, dramatisch, mit toller Steigerung. Bundestrainer Herberger hätte diesmal wertvollen Aufschluss über die Form seiner Nationalelf-Kandidaten erhalten können. Fürth spielte vor der Pause im Stile eines Spitzenreiters der Süd-Oberliga auf. Dieses fein abgestimmte Kombinationsspiel, meist über die Flügel vorgetragen, wurde kaum gestört, als Horst Schade einen Freistoß aus 18 Metern (nach vorherigem Foul Erhards an Morlock) unter die Latte donnerte. Man sah den Ball erst, als er wieder aus dem Netz kullerte
Fürth spielte echt fürtherisch. Mal klein-klein im direkten Zuspiel und dann plötzlich fächerartig sich entwickelnd. Für das Auge angenehm zu sehen, dabei aber auch zweckvoll vorgetragen. Selbst die leidenschaftlichsten Nürnberger Parteigänger blieben in diesem langen Abschnitt über 35 Minuten stumm, und somit die Bewunderung für das elegante Fürther Spiel ausdrückend.
Landleiters 1:1-Treffer (nach großartiger Vorarbeit Gottingers) drückte nur zum Teil die spielerische wie kämpferische Fürther ueberlegenheit aus. In diesen Minuten vergab das Kleeblatt den Sieg. Zwei klare Chancen versuche ich nachzuerzählen.
27. Minute: Eine feine Landleiter-Flanke (von rechts) nimmt Bauer auf, umspielt Schaffer, das Tor ist leer, doch Bauers Schuss ist so schwach, das Ucko mühelos auf der Linie noch abwehren kann. Fünf Minuten später ist Gottinger ganz frei vor Schaffer - sein Schuss ist nur ein Hauch von einem Schuss.
Nach dem Wechsel konterten die Routiniers im roten Dress. Es hat sich bereits herumgesprochen, das Fürth nach der Pause eine 15-minütige Anlaufzeit benötigt. Unbegreiflich, rätselhaft, wie harmlos plötzlich dieses vorher so meisterlich aufspielende Fürth jetzt wirkte. Dennoch versuchte es Fürth mit einigen Steildurchbrüchen, es bleiben schüchterne Versuche. Bei einem der zahlreichen Eckbälle vor Schaffers Gehäuse wurde Vetter beim Zusammenprall mit Schmolke am Kopf verletzt (nach acht Minuten kam der Club-Verteidiger erst wieder).
Selbst mit zehn Spielern warf der jetzt selbstsicher gewordene Club Fürth zurück. Dann die dramatische 63. Minute: Koch foppte Schade, versuchte diesen Trick am eigenen Strafraum (!) auch mit Morlock, verlor den Ball, versuchte nachzugreifen, da stürzten Koch-Morlock einem Knäuel gleich zu Boden. Es folgte die einzige Fehlentscheidung des ausgezeichnet amtierenden Schiedsrichters Reil. Er zeigte auf die Elfmetermarke. Langes Reklamieren der gesamten Fürther Mannschaft, nervöses Eindringen auf den Schiedsrichter (Erhard). Der besonnene Hoffmann entriss seinen Kameraden schließlich das Leder und legte den Ball auf den Elfmeterpunkt. Schweinberger, durch die Reklamationen scheinbar irritiert, legte zuviel Gefühl in seine Täuschung - der Ball klatschte vom Pfosten zurück ...
Ein böser Deckungsfehler der etwas nervös gewordenen Fürther wurde dem Club zum Torgeschenk. An fünf Fürthern rollte eine Herbolsheimer-Flanke vorbei, Morlock stand frei, zielte ins kurze Eck und Drossel kroch, mehr auf allen Vieren liegend, dem Ball nach - damit war das Spiel entschieden.
Der Club dankt seinem allerdings etwas zu temperamentvollen, hitzköpfigen Schaffer (seine Fangsicherheit ist frappierend), dem kühlen, sachlich zerstörenden Knoll sowie dem eisern deckenden und dem Gegner energisch nachsetzenden Paar Vetter-Kraft das 2:1. Der Angriff darf nur eine Verlegenheitslösung bleiben. Man bedenke: Linker Flügel Herbolsheimer-Schober. Schober steigerte sich allerdings mit dem Ablauf des Spiels, als er bei Fürths Schlussoffensive den keuchenden Schweinberger ersetzte.
Fürth braucht einen Torjäger! Bauer kann es werden, wenn er sich stärker konzentriert, vorne den Stoßkeil bildet. Großartig seine direkten Pässe, klug sein Ausweichen.
Im Mittelfeld lag Fürths Stärke. Karl Mai war in richtiger Spiellaune! Dazu blockte der eisenharte (leider oft unbeherrschte) Erhard Max Morlock erfolgreich. Eine glänzende Partie für den Kenner, der das elegante Spiel aus der Tiefe schätzt, lieferte Gottinger. Aber er ist auch kein Torschütze! Drossel muss entschlossener handeln. Dreimal drängten ihn Morlock-Glomb vom Ball, zum Glück half ihm der Schiedsrichter durch sein gutes Auge ... .
Ein großartiges Derby, wie wir es lange nicht mehr erlebten.
 

Vorspiel der Reserven: 1. FC Nürnberg - SpVgg Fürth 1:3
1. FC Nürnberg: Schaffer - Kraft, Vetter - Schweinberger, Knoll, Ucko - Schade, Morlock, Glomb, Schober, Herbolsheimer - Trainer: Franz Binder
SpVgg Fürth: Drossel - Engelhardt, Koch - Mai, Schmolke, Erhard - Appis, Hoffmann, Bauer, Gottinger, Landleiter - Trainer: Hans Schmidt
Tore: 1:0 Schade (6.), 1:1 Landleiter (24.), 2:1 Morlock (75.)
Schiedsrichter: Reil (Weiden)
Zuschauer: 15000
Besondere Vorkommnisse: Schweinberger schießt Foulelfmeter an den Pfosten (63.)
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