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Saison 1953/1954
6. Spieltag - So., 20.09.1953, 15:00 Uhr
SpVgg Fürth - 1. FC Nürnberg
0:2 (0:1)
168. Derby

So sah man eigentlich alles, was der Fußball zu bieten hat. In einem harten, aber sauber geführten und von Schiedsrichter Bernbeck-Frankfurt einwandfrei geleiteten Kampf, dem 30 000 Zuschauer mit größter Anteilnahme folgten.
Am Vormittag saß der neutrale Beobachter still und unerkannt in der Gaststätte des früheren Fürther Spielers Leupold. Die Alten der „Kleeblättler" - bei weitem nicht alle, aber immerhin Hans Hagen, Schnitger u. a. hatten zwei Hauptgesprächsthemen: Die Verteilung der Sitzplatzkarten und das 6:0 des Vortags, mit dem die Eintracht ihr Derby gegen den FSV gewonnen hatte.
Auf diesen Eintrachtsturm mit seinen 25 Plustoren ist man in der fränkischen Doppelstadt mehr als gespannt...!
Schon sehr frühzeitig flutete ein Riesenverkehr durch die graue, einförmige Industriestadt Fürth, die im Gegensatz zu ihrer einst so strahlend schönen Schwester Nürnberg von Bomben fast ganz verschont geblieben ist.
Und dann liefen die beiden Mannschaften des Tages ein, just in dem Augenblick, als es sachte zu tröpfeln begann - kaum zu bemerken, aber doch vielleicht eine Erklärung für manche Fehlleistung, da der Rasen immer glatter wurde.
Um es vorweg zu nehmen: man schenkte sich nichts - wie schon gesagt - aber es gab auch nicht ein einziges bösartiges Foul, und das schon gar nicht, was soviele befürchtet hatten, gegen Schade - das ist eine hohe Anerkennung für die Fürther und entsprach dem Wunsch der Fürther Vereinsleitung, die vor dem Treffen durch die Platzansage bekanntgegeben wurde.
Natürlich standen die Spieler im Brennpunkt des Interesses, die sozusagen mit einem Bein in der Nationalelf stehen: Erhard, Bergner, Schade.
Wer nach diesem Spiel noch behaupten will, Bergner könne den Defensiv-Aufgaben eines modernen Seitenläufers nicht gerecht werden, dem ist nicht zu helfen! Man bemerkte den kleinen Gerhard kaum, aber man spürte sein Wirken um so deutlicher: Der Fürther Halblinke Appis war von Bergner zu jeder Minute so zugedeckt, dass man kaum etwas von ihm zu sehen bekam. Darüber vernachlässigte aber der Club-Läufer auch nicht den Angriff, den er oft mit weiten, aber genauen Vorlagen in Szene setzte.
Erhard wirkte zu Beginn auffallend nervös, machte Stellungsfehler, und manchmal passierte ihm ein Fehlschlag. Von der 38. Minute - wie später einmal für Minuten auch Kapp nach einem Zusammenprall mit Brenzke - bis zur Pause war er nach einer Regelwidrigkeit Schiffers ausgeschieden. Später - man merkte keine nachteiligen Folgen des Zusammenpralls mehr - wurde er langsam ruhiger und spielte zum Schluss in der gewohnten Form.
Und Schade? Aller Augen blickten auf ihn, und die unseren ganz besonders. Und unser Urteil: Mit Morlock zusammen ist Horst Schade durchaus teamreif! Er lieferte eine ganz ausgezeichnete Partie für alle, die Fußballaugen hatten, um guten Mittelstürmer-Fußball zu sehen. Der Max und der Horst spielen manchmal so durcheinander, dass auch die versierteste gegnerische Deckung nicht mehr weiß, was hinten und vorn ist. So entstand auch das erste Tor, freilich nicht ohne Verschulden des Fürther Läufers Bauer, der im entscheidenden Moment Morlock völlig freien Raum ließ. Aber man sollte ihm dies nicht zu sehr ankreiden, die ganze Fürther Deckung war verwirrt. Erhard wollte anstelle Mai blockieren, das wiederum veranlasste Vorläufer weit nach außen zu gehen, Schade wurde dadurch unbelästigt gelassen. Der Ball kam zu Morlock, der schoss nicht übermäßig scharf, aber überraschend, flach in die rechte lange Ecke. Es war der Anlage und Auswirkung ein typischer Morlock-Treffer, und es spielte gar keine Rolle wer nun zuletzt am Drücker war und als Torschütze traf. Schaffer und Geißler, beide Torhüte zeichneten sich wiederholt aus. Bei Fürth wirkte Hoffmann, vielleicht wegen seiner alten Verletzung nicht so spritzig, wie man es erwartet hätte, aber er tat, was er konnte, und das war immer noch eine ganze Menge, so dass der kühl berechnende Baumann - er ist und bleibt doch nun einmal die Stütze der Nürnberger Abwehr - nicht immer soviel Zeit fand, nach der Ballabnahme auch noch genau zuzuspielen, sondern manchmal ohne Rücksicht auf Präzision dreschen musste. . . doch, wir sagten es mal im andern Zusammenhang, das waren Ausnahmefälle.
Während wir den Club-Verteidiger Mirsberger früher her in weitaus besserer Erinnerung hatten, als es seine diesmaligen Leistungen rechtfertigten, gefiel uns der Fürther Koch sehr gut. Mai war auffallendste und fleißigste Figur beim Kleeblatt, wenn auch vielleicht nicht die nützlichste. Bauer gab sich alle Mühe - Gottinger konnte er nicht ersetzen. Der emsigste und aggressivste Fürther Stürmer war Brenzke mit der Nummer elf auf dem Rücken.
Bei Nürnberg imponierte der schneidige Kapp, der Stehaufmann Zeitler und in einzelnen Perioden der Rechtsaußen Schiffer - von den andern ist schon gesprochen.
Der Pausenstand von 1:0 Toren und 3:2 Ecken für Nürnberg war nach Spielverlauf und Chancen im ersten Akt gerechtfertigt. Nachher ließen Tempo und Zahl der spielerischen Höhepunkte für eine Weile auf beiden Seiten nach.
Aber plötzlich steigerte sich Fürth geradezu unerhört. Kein Spieler stand mehr da, wo ihn seine Rückennummer eigentlich hinverwies. Alles wirbelte durcheinander. Der vorherige Rechtsaußen Frosch z. B. pendelte in der linken Deckung umher, Häfner war überall und nirgends, Vorläufer konnte man beim besten Willen nicht mehr Stopper nennen.
Mag das auch übertrieben gewesen sein: Fürth kam immer mehr auf, Schaffer stand dauernd unter schwerstem Beschuss, am Ende lautete das Eckballverhältnis 12:3 für das Kleeblatt.
Aber Nürnberg behielt die Nerven - seine alte Stärke seit eh und je. Und gerade da, als der Ausgleich an dem berühmten seidenen Faden hing, saß der Konterschlag: Ein Abpraller kam dem heranbrausenden Winterstein, der bis dahin am meisten von allen Club-Stürmern versiebt hatte, vor die Füße, und seinen Bomben-Schrägschuss konnte der großartige Geißler im Fürther Tor trotz seiner herrlichen Flugparade nicht erreichen - um ein Haar wäre es ihm noch gelungen. Das Spiel war jetzt - sechs Minuten vor Schluss - endgültig entschieden.
Wir waren Zeugen eines auf hoher Stufe stehenden Lokal-Kampfes zweier deutscher Spitzenmannschaften. Er hat eine Fülle von fußballerischen Delikatessen geboten. Der 1. FC Nürnberg hat die Tabellenspitze vor dem derzeitigen Meister Eintracht Frankfurt und dem Deutschen Vizemeister 1953, dem VfB Stuttgart, die beide ihre Spiele des gleichen Wochenendes ebenfalls gewannen, gewahrt. Die Fürther, die ohne einen ihrer Besten, den Läufer Gottinger, antreten mussten, hatten dabei Leistungen offenbart, die der Elf mit dem Kleeblatt alle Berechtigung geben, bei der Schlussabrechnung noch ein Wort mitzureden. Denn die Saison ist noch lang. Auch die jetzigen Spitzenmannschaften werden künftig hier und da Punkte verlieren, und entschieden ist noch gar nichts.
Die alte Fußballhochburg Nürnberg-Fürth steht noch so fest wie einst. Die Höhepunkte der Spielzeit stehen noch aus: Das Zusammentreffen ihrer beiden Vertreter mit den so stark gewordenen Mannschaften vom Main, der Frankfurter Eintracht und den Offenbacher Kickers, denen ja die Fürther bereits auf dem gefürchteten Bieberer Berg einen Punkt entführten. Das Rückspiel aber zwischen dem Club und dem Kleeblatt, das vor allem möchte ich wieder erleben!

Vorspiel der Reserven: SpVgg Fürth - 1. FC Nürnberg 1:3
SpVgg Fürth: Geißler - Koch, Erhard - Mai, Vorläufer, Bauer - Frosch, Häfner, Hoffmann, Appis, Brenzke - Trainer: Willi Hahnemann
1. FC Nürnberg: Schaffer - Mirsberger, Kapp - Bergner, Baumann, Zeitler - Schiffer, Morlock, Schade, Schweinberger, Winterstein - Trainer: Anton Kugler
Tore: 0:1 Morlock (17.), 0:2 Winterstein (84.)
Schiedsrichter: Bernbeck (Frankfurt)
Zuschauer: 30000
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