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Saison 1973/1974
11. Spieltag - Sa., 20.10.1973, 15:00 Uhr
1. FC Nürnberg - SpVgg Fürth
2:1 (1:1)
210. Derby

Es war kein Fußball-Brillantfeuerwerk, trotz der 73 verhängten Freistöße nicht übermäßig hart und es hatte — sehr zum Leidwesen des geplagten Club-Schatzmeisters — auch nicht den erwartet großen Besuch. Kurzum: Dieses 210. Lokalderby zwischen den Vertretern zweier einstmals mächtiger Hochburgen war leider nur Durchschnitt und wird deshalb die Fans aus beiden Lagern nicht zu wochen- oder gar monatelangen Diskussionen animieren. An dem verdienten 2:1 (1:1)-Erfolg der arg dezimierten FCN-Truppe — auch Libero Hannakampf mußte noch ersetzt werden — gab es aber nichts zu rütteln. Darüber herrschte selbst beim Verlierer völlige Übereinstimmung.
Eine Jury könnte für die 90 Minuten an keines der beiden Teams einen Schönheitspreis vergeben, wohl aber die kämpferische Leistung prämieren. Einziger Anwärter darauf wäre die Truppe von Hans Tilkowski, die einfach alles gab, was sie zu bieten hatte und sich den Sieg regelrecht erfightete. Immerhin galt sie trotz des Platzvorteiles als Herausforderer, da die Männer aus dem Ronhof in der letzten Saison beide Spiele gewonnen hatten und auf Grund der Nürnberger „Besetzungs-Schwierigkeiten" die schwere Bürde des Favoriten ungewollt tragen mußten. Und damit war die Fürther Crew offensichtlich überfordert. Keiner ihrer Akteure brachte Normalform. Ob Bergmann, Detsch oder Heubeck — sie alle wirkten so, als trügen sie Bleiwesten.
Das war jedenfalls kein vierblättriges „Kleeblatt", sondern ein verdörrt wirkendes Pflänzchen. Trainer Heinz Elzner schien das Dilemma geahnt zu haben, denn vor dem Anpfiff erklärte er noch: „Mir wäre wohler, wenn der Club seine komplette Elf zur Verfügung hätte." Während der 90 Minuten war dem Fürther Trainer nicht wohl ums Herz, denn die dezimierten Nürnberger operierten nach dem Motto: ..Einer für alle, alle für einen!" Und das taten sie von der ersten Minute an, so daß sich die Nachbarn aus Fürth zunächst mit der Rolle des Zuschauers begnügen mußten. Gefährliche Konterangriffe waren Mangelware. Daß ausgerechnet der erste in der 30. Minute zum überflüssigen 0:1 durch Detsch führte, war Künstlerpech für Nüssing & Co. „So ist eben Fußball", tröstete sich ihr Trainer Hans Tilkowski.
Der Fürther Elf aber kann man einen Vorwurf nicht ersparen: Selbst dieses überraschende Geschenk sorgte nicht für einen Aufwind. Alles blieb Stückwerk. Viel Einzelspiel und wenig gelungene Kombinationen. Das Duell fand im Mittelfeld statt und wurde auch dort entschieden. Eindeutig für den 1. FCN und vor allem — das muß deutlich herausgestrichen werden — dank eines Mannes, der die Rolle des Verschmähten mit der des Triumphators vertauscht hat: Slobodan Petrovic war auch diesmal wieder die stärkste Trumpfkarte des Clubs. Ganz, wie sie wollen: Die Rot-As beim Sechsundsechzig oder der Eichel-Junge beim Skat. Da blieb die Anerkennung des Gegners nicht aus. „Wie der Dani in dieser Saison marschiert, ist unwahrscheinlich", lobte Heinz Elzner. Petrovic hinten, Petrovic in der Mitte, Petrovic aber auch in der vordersten Front. Der Jugoslawe war ein Spielmacher per excellence, den Kontrahent Detsch trotz ebenfalls vorhandener Ballkünste nie einengen konnte. Erst Heinlein, der nach einer Stunde Spielzeit kam, zog sich etwas aus der Affäre. Doch bis dahin hatte Petrovic — er würde sicherlich auch manchem Bundesligisten zur Zierde gereichen — schon ein Riesenpensum heruntergespult. Um bei der Kritik des Mittelfelds zu bleiben: Das As der „Kleeblättler", Kapitän Bergmann, stach diesmal trotz intensivster Bemühungen nicht. An ihm hing wie eine Klette der bissige Schabacker, der damit sein Pensum erfüllte. Denn wer Bergmann lahmlegt, trittt damit den feinsten Nerv der Fürther.
Dieter Nüssing rackerte wie gewohnt, doch erzielte nicht hundertprozentige Wirkung. Dafür sorgte sein ehemaliger Mannschaftskamerad Piößl, der eine große Portion Kampfgeist in die Waagschale zu werfen hatte und nach einem verlorenen Zweikampf keineswegs aufsteckte.
Für die Riesenüberraschung in den 90 Minuten sorgten zwei Clubspieler denen man im eigenen Lager eine derartige Steigerung gar nicht zugetraut hatte: Pit Geyer und Sepp Brunner. Sie verblüfften damit selbst den Gegner, wie Fürths Trainer Elzner zugab: „Die beiden waren weit stärker, als man es von ihnen gewohnt war." Geyer legte einen großen Elan an den Tag und stieß immer wieder wie ein Geier in die Gästedeckung. Schälke hatte mit dem tatendurstigen Linksaußen seine liebe Mühe und mußte seinen eigenen Vorwärtsdrang erheblich bremsen. Seine Bombenleistung krönte Geyer mit dem Ausgleichs-Treffer. Das war ein Ding, das die 16 000 von den Sitzen riß: Aus mehr als 25 Metern feuerte der FCN-Stürmer ab und der Ball sauste wie eine Rakete. Er ward von vielen — darunter auch Torhüter Löwer — erst wieder gesehen, als er im Netz zappelte. Das könnte durchaus ein Anwärter für das „Tor des Monats" in der ARD-Sportschau sein.
Eingefädelt wurde dieser Treffer — wie Heinz Elzner feststellte — von den Fürthern: Denn Detsch leistete sich einen eklatanten Abspielfehler. Auf diese Weise hat er in dieser Saison schon einige Gegentreffer „vorbereitet", und sich damit natürlich nicht Beifall seiner Kameraden zugezogen. Doch zurück zu Geyer, dem sich später auf Elzners Anordnung hin Klump an die Fersen heftete. Warum wuchs er diesmal über sich hinaus? Die Erklärung: Trainer Hans Tilkowski hatte in dieser Woche mit ihm Fraktur geredet und dabei von der letzten Chance gesprochen. Für ihn gibt es keine Tachinierer — so nennen die Österreicher einen Faulenzer — in der Mannschaft.
Überraschung Nummer 2: Sepp Brunner, kämpfte gegen den schnellen und trickreichen Heubeck mit Haken und Ösen — und hatte damit voll und ganz Erfolg: Gelungene Soliss des Ronhof-Wirblers waren an einer Hand abzulesen.
Erwähnt man die Besten der geschlossenen Club-Einheit, darf Geinzer nicht vergessen werden, denn seine Libero-Partie war ohne Fehler und Tadel. Eine Augenweide für den Kenner seine gestochenen langen Pässe, die für Verwirrung in Fürths hinteren Reihen sorgten. Den Gästen wurde viel von der Gefährlichkeit durch Rüsing genommen, der gegen den hochgelobten Dennerlein mit großer Härte zu Werke ging und diesen samt Nachfolger Grabmeier völlig beherrschte.
Auch Sturz wurde von Jäger vor keine unlösbaren Probleme gestellt, so daß er seinem Hobby frönen und immer wieder marschieren konnte. Doch in des Gegners Strafraum brachte er nichts zuwege: Zwischen der 78. und 80. Minute schoß er zweimal am leeren Tor vorbei.
Hans Tilkowski konnte also mit seiner Deckung zufrieden sein — Heinz Elzner mit seinem Angriff auf keinen Fall. Es war geradezu stümperhaft, wie die „Kleeblatt"-Spitzen agierten. Sie zwangen jedenfalls Neef — das unterstreicht ihre Harmlosigkeit — nicht zu einer einzigen Glanstat. Dafür fiel Neef aber durch eine unrühmliche Einlage auf, die weder Schieds- noch Linienrichter sahen. Zum Glück für ihn, denn sonst hätte er die rote Karte vors Gesicht gehalten bekommen. 75. Minute: Neef schlug wie ein Meisterboxer voll mit der Faust in Grabmeiers Magen. Es war beileibe keine Schau von Grabmeier, der sofort zu Boden ging: Wenige Stunden nach der Partie war ihm noch übel, mußte er einen Arzt aufsuchen. Mir scheint, daß es höchste Zeit für das Gespann Tilkowski Brungs wird, den „Schotten" einmal richtig ins Gebet zu nehmen.
Da ist Peter Löwer schon aus anderem Holz geschnitzt: Ein echter Sportsmann, der sich über die harten Attacken der Club-Angreifer nicht beschwerte und sich Gedanken über das zweite Tor machte: „Da habe ich dumm ausgeschaut. Ich dachte, ich könnte den Ball wegfausten. Aber da war er schon im Netz."
Der 1. FCN hatte in diesem 210. Derby seine beste Zeit — darüber war man sich in beiden Lagern einig — vor allem nach dem Wechsel. In dieser Phase wurde schwungvoll kombiniert und die gegnerische Abwehr verwirrt. Einzig Rechtsaußen Majkovski fiel dabei etwas ab. ohne jedoch als Ausfall bezeichnet werden zu können. Ein Lichtblick Mittelstürmer Nahlik der glänzende Szenen hatte und von Marchl nur durch eine Vielzahl von Fouls gebremst werden konnte. Der Siegestreffer sollte ihm Auftrieb für die nächsten Spiele geben. Kontrahent Marchl war für die Zuschauer der große Buhmann und wurde in der letzten halben Stunde ausgepfiffen, sobald er am Ball war. Doch der Routinier steckte die Mißfallenskundgebungen weg wie ein Boxer einen Kinntreffer. Er schüttelte sich einmal kurz und machte dann voll weiter. Marchl wehrte sich energisch gegen die Behauptung, er habe zu groben Fouls gegriffen: „Man soll doch einmal den Nahlik fragen, ob er blaue Flecken hat."
Doch die meisten Freistöße (siehe Statistik) gingen zweifellos auf das Konto von Marchl und Brunner. Trotz der 73 verhängten Freistöße — für 90 Minuten eine respektable Anzahl — muß das Derby vom Samstag in die Reihe der zahmsten eingeordnet werden. Anteil daran hatte der junge Schiedsrichter Grether aus Grenzach, der es lange Zeit bei Ermahnungen beließ und erst in der zweiten Hälfte zur gelben Karte griff. Grether pfiff eigentlich alles — und damit leider auch manchen Vorteil ab. Doch ein Pfiff mehr war sicherlich besser, als einer zuwenig. Erfreulich, daß es nicht nur auf dem grünen Rasen, sondern auch auf den Rängen diesmal ohne Krawalle abging. Und so mußten die Polizeibeamten in Zivil, die sich unter die Fanatiker gemischt hatten, nicht eingreifen.
1. FC Nürnberg: Neef - Sturz, Rüsing, Geinzer, Brunner - Nüssing, Petrovic, Schabacker - Majkowski, Nahlik, Geyer - Trainer: Hans Tilkowski
SpVgg Fürth: Löwer - Schülke, Marchl, Ammon, Klump - Bergmann, Detsch (55. Heinlein), Plößl - Heubeck, Dennerlein (65. Grabmeier), Jäger - Trainer: Heinz Elzner
Tore: 0:1 Detsch (30.), 1:1 Geyer (40.), 2:1 Nahlik (67.)
Schiedsrichter: Grether (Grenzach)
Zuschauer: 16000
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