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Saison 1925/1926
Endspiel um die Deutsche Meisterschaft 1926 - So., 13.06.1926, 16:00 Uhr
Hertha BSC Berlin - SpVgg Fürth
1:4 (1:3)

Bericht 1:
Der erste Vorstoß gehört den Berlinern. Wie glatt ihre Kombination dahinfließt. Da schießt Grenzel schon, Hörgren streckt sich — Ecke! Dann zerflattert viel, Die übliche Nervosität. Was ist mit Fürth?
Herrje, die Elf hat doch schon in ganz anderen Schlachten gestanden, auf spanischer Erde, Im Schaden des Hradschin, auf der Hohen Warte in Wien und „draußen In Hütteldorf", kreuz und quer durch Europa hat man dies feine, gefährliche Spiel getragen... und nun stockert man so dahin. Die Menge murmelt mißmutig. Der Berliner Außen Gülle stößt mit Urbel Kraus zusammen, Seiderer, ganz frei vorm Tor, schiebt verstört den, Ball nach links, statt ihn, wie es zu erwarten stand; auf das Gehäuse zu knallen. In der 10. Minute Freistoß für Berlin, das hübsche Wort Strafstoß übrigens später offiziell nur noch für Elfmeter zugelassen — im Gedränge wird Hörgren nervös - geht heraus, Sobek jongliert den Ball behutsam über ihn hinweg zu Ruch, der In das leere Tor 
schießt! 1:0 das ist verblüffend. Es, regnet, jemand schreibt die alte Phrase aufs Papier: "Der Himmel weint", streicht sie wieder durch. Das Feld wird schlüpfriger als es schon ist. Es sind jetzt zwanzig Minuten gespielt. Und nun geschieht etwas: es ist, als schnappe bei den Fürthern etwas ein, die Mechanik oder wie.man es nennen will. „Das Werkl spüllt", würde man in Wien oder Prag sagen. Ja, es spielt. Und es wird bald eine zauberhafte Melodie spielen.
Die Aktionen der Berliner bekommen etwas Hilfloses. Der Ball läuft an ihnen vorbei. Pässe, wie an dünnen Drähten gezogen, oft nur zentimeterbreit am Stiefel der Berliner vorbei. Die Fürther spielen wie im Traum, In Trance. Die weißen Spieler wirken verstört. Sie haben genug damit zu tun, den Ball wegzutreten, aber wohin sie ihn auch treten, angelt ihn der Fuß eines schwarzblätten Spielers aus der Luft, schiebt ihn weiter, in eine neue Kombination hinein. Das Feld wird auf der einen Hälfte leer. Fürth beginnt zu trommeln.
Plötzlich schießt Franz, der schwer wirkende, aber mit der Leichtigkeit einer Ballerina übers Feld schwebende Spieler, den Ball aus drei Metern Götze in die Hand. Zwei Minuten später nickt er die gelbe Kugel mit dem Kopf hinüber zu Seiderer und der fast zartgliedrige Mittelstürmer Fürths, ein Spieler mit nervösem Gesicht, lockigem Haupt, besorgt den Ausgleich. Der Ball fliegt akkurat in die Ecke. In der 36. Minute schießt derselbe Spieler steinhart aufs Tor, es muß in Götzes Händen gebrannt haben, prallt ab, Auer läuft dem Leder genau in den Weg, drückt es über die Linie, Fürth führt 2:1.
Die Wipfel rauschen, der Beifall rauscht, ganz leise rauscht ein Regenschauer übers Stadion. Die Menge ist entzückt. Was sie heute zu sehen kriegt, hat sie seit Jahren nicht gesehen. Heut wird gezaubert.
In sieben Minuten ist Halbzeit, da findet eine der vielen Kombinationen Fürths einen ratlos aus dem Tor huschenden Götze und durch den rückspielenden Domscheidt wird der Stand auf 3:1 gebracht. Die Fürther brauchen dieses Tor nicht selber zu schießen.
Das Schauspiel hat die Masse so fasziniert, daß kein Mensch mehr an eine Wiederkehr der Hertha glaubt. Schließlich kann man gegen Götter nicht gewinnen. Aber Fußball ist noch nie absolut gewesen. Im Fußball, kommt immer alles anders.: Nach der  Pause spielt Hertha, mit einer Art genialer Wurschtigkeit und da ja ohnehin nichts mehr passieren kann, kaltblütig und zeitweise sogar gerissen auf.
Sobek, Hanne gerufen, Berlins gescheitester Spieler, produziert Einfälle. Er schiebt, den Ball übers Feld wie ein großer Billardspieler die "Elfenbeinkugel. Ruch geht klug auf ihn ein. Immerhin: das bewirkt alles nur, daß auch die Fürther Abwehr zeigt, was sie kann. Berlins große Viertelstunde rettet den Ruf der Hertha, aber sie beweist auch, daß harten Burschen wie Sepp Müller und Hans Hagen schwer beizukommen ist: die, räumen gnadenlos und akkurat auf und der blonde, breite Leinberger, Kalbs Hochburg-Rivale, wirft sich in jeden Wirbel.
So geht die stolze Viertelstunde Berlins dahin und es steht immer noch 3:1. Es sind noch 25 Minuten zu spielen. Von rechts her fliegt ein Ball zum Halblinken Ascherl und Ascherl begreift: es heißt schon 4:1. Man stellt um. Seiderer, der sich mit Resi Franz zusammen an diesem regenschweren Nachmittag in den Fußballhimmel gespielt hat, Seiderer ist verletzt, hinkt nach Linksaußen, Kießling geht für ihn in die Mitte. Greniel bei Berlin wandert auf einen Außenläuferplatz. Einmal ist alles überwunden, sogar Götze, aber da fliegt Kießlings Schuß vorbei.
Der Beifall jagt, als alles vorüber ist, dankbar und lange. Ich lese in einem Bericht aus jenen Tagen: „Als das Spiel beendet war, gerieten die Menschenmauern in wallende Bewegung. Aus den vorderen Reihen lösten sich ganze Bataillone und stürzten mit Papierfähnchen in der Hand auf den Sieger zu. Die Schupos rangen verzweifelt ihre Gummiknüppel... schon waren die Blauschwarzen geschultert, Lorbeerkränze bedeckten sie, Blumensträuße winkten und aus der Luft traf ein zielsicherer Flieger mit seinem Gratulationsbukett mitten in das Feld der Begeisterung."
Vielleicht ist in keinem DFB-Endspiel zwischen den zwei Kriegen so viel Fußballkunst sichtbar geworden — und ich gebrauche das Wort „Kunst" bewußt. Natürlich habe ich ähnlich guten Fußball bei Engländern, Südamerikanern, den Ungarn in der Schweiz, auch bei der Austria der großen Jahre um 1928 gesehen — und ein ähnlich traumhaftes Einverständnis zwischen Spielern, wie es hier bei Franz und Seiderer der Fall war, bei Puskas und Kocsis.
Aber für ein deutsches Endspiel, dieses Finale meist abgekämpfter Mannschaften, war es außerordentlich und bleibt es unvergeßlich. Der junge Dr. Laven, der jenes Spiel über dreizehn deutsche Stationen übertrug, schilderte am Tag nach dem Spiel die Empfindungen, die er hatte, während er gegen den kleinen Marmorblock und in den Regen hineinsprach: „Fürth ... tänzelnd und doch schnell schieben sie den Ball voran, spielen im Dreieck, stoßen den atemlosen Gegner in die Ermattung. Die Kunst — da ist übrigens das Wort wieder, von mir nach dreißig Jahren gebraucht, ehe ich diese Laven-Sätze ausgrub — „die Kunst gibt in diesem Fall den Ausschlag, über allen Mut und alle Zuversicht. Wie Tänzer zuckend, schwebend, im Zickzack laufend und fliehend gleiten die Fürther heran."
Ein Kritiker preist den prächtigen Franz: „Seiderer leitete mit sicherem Blick seine Angriffskette. Leicht verletzt mußte er nach Halbzeit mit dem Linksaußen Kießling tauschen. Somit muß man nach Einzelleistung, Schußkraft und Fußballintelligenz den erprobten... Franz als den besten Stürmer auf dem Platz bezeichnen ... diesem Fürther Angriff hätte ein rasant heranbrausender Ueberraschungssturm nicht was Spielkunst und Technik, wohl aber was Erfolge anbelangt, vielleicht die Waage halten können, nicht aber Stürmer, die mit derselben Klinge fochten, nur etwas weniger sicher im Stoß, etwas versonnener im Aufbau der Finten."
So war es. Das ist matter Glanz und zugleich Schwäche Berlins an jenem Tag gewesen.
Herthas Mittelläufer Tewes verteidigte einen großen Namen. Den Namen eines Spielers, der sich, nachdem er die 30 überschritten hatte, wieder zum Spielen, das er als Junger Mensch betrieben hatte, zurückfand und dann noch mehr als einmal das Nationaltrikot überstreifen durfte. Aber Tewes war dem, was Fürth vorzutragen hatte, an diesem Tag nicht gewachsen.
Die „Frankfurter Zeitung" schätzte 55 000 Zuschauer, der „Generalanzeiger" blieb bei den (wahrscheinlicheren) 45 000.
Die Schatten vieler Spieler sind seit jenem 13. Juni über den Rasen des Frankfurter Stadions gewandert. Längst deckt der Rasen, um nur zwei große Namen von damals zu nennen, die Spieler Seiderer und Leinberger. Wir haben Fußballkünstler aller Zonen und Zungen in dem glänzenden Oval gesehen, aber wer immer an jenem Tag vor dreißig Jahren dabei war, wird nie zu rühmen aufhören, was er damals sah.



Bericht 2:

Mehr als 40000 Zuschauer füllten am Sonntag, 13. Juni, das "junge" Frankfurter Waldstation, als kurz vor 17.00 Uhr die Endspielgegner einliefen und Schiedsrichter FRITZ SPRANGER aus Glauchau bei Chemnitz die beiden Spielführer zur Platzwahl bat.

Die Partie hatte anfangs wenig Linie, doch bereits in der 9. Spielminute war es passiert Der Berliner "Hanne" SOBEK hatte das 1: 0 erzielt! Bestürzung bei den Fürther Aktiven - betretenes Schweigen bei den mitgereisten Fürther Schlachtenbummlern. Sollten die "Herthaner" gar einen zweiten Treffer landen...? Die Kleeblatt-Elf erkämpfte sich jedoch nun Feldvorteile und nach einem Lattenschuss des Halbrechten FRANZ war es in der 27. Spielminute soweit - Mittelstürmer und Kapitän Loni SEIDERER erzielte den Ausgleich!

Die Fürther Expedition jubelte und durfte dies bereits sieben Minuten später mit gleichem Temperament tun, denn Rechtsaußen AUER 1 schoss unhaltbar für den Berliner Torwart zum 2:1 ein. Jetzt war der "Bann" gebrochen... die Ronhofer befanden sich auf der "Siegerstraße".

Sie wurden dabei durch ein Eigentor des Berliner Rechtsverteidigers DOMSCHEID sieben Minuten vor dem Pausenpfiff des gut leitenden Unparteiischen unterstützt. Die "Kleeblättler" konnten also mit einem beruhigenden 3:1 in die Kabinen gehen. In der zweiten Spielhälfte war das Fürther Team ständig überlegen, doch es fiel nur noch ein Tor; das der Halblinke ASCHERL erzielte. Die Berliner resignierten schließlich und das Spiel brachte keine nennenswerten Höhepunkte mehr.

In einem der schönsten (Urteil der damaligen Sportpresse) Spiele, die seit Austragung der Deutschen Meisterschaften stattgefunden hatten, bezwang somit die SpVgg Fürth ihren Gegner Hertha BSC Berlin mit 4:1 und war zum zweiten Male Deutscher Fußballmeister geworden.

Noch am Abend des Endspieles konnte man im damals erscheinenden 10-Pfennig- Blättchen "Sport am Sonntag" folgenden Vierzeiler lesen: Af die Färther; dou kannst baua, die spieln stets mit Schmiß und Schneid - geng die stärkste Fußballmannschaft, gwinna die doch jederzeit! Nun - ob die Techniker vom Ronhof jederzeit und gegen jeden gewinnen konnten, war wohl sicher mehr Wunsch als Wirklichkeit...

Beide Finalisten wurden von österreichischen Trainern betreut, wobei Alexander Popovich, der 33fache Internationale, erst kurz vor Beginn der Endrunde nach Berlin gekommen war, nachdem er seine aktive Laufbahn unmittelbar zuvor beim Wiener Athletiksport-Club beendet hatte. Sein Landsmann Adolf Riebe hatte den 23jährigen "Görch" Kießling anstelle von Linksaußen Leonhard Weiß aufgestellt.

Hertha BSC Berlin: Götze - Domscheid, Fischer - Leuschner, Tewes, Völker - Ruch, Sobeck, Grenzel, Kirsei, Gülle
SpVgg Fürth: Hörgren - Müller, Hagen - H. Krauß, Leinberger, Kleinlein - K. Auer, Franz, Seiderer, Ascherl, Kießling
Tore: 1:0 Sobeck (9.), 1:1 Seiderer (27.), 1:2 Auer (35.), 1:3 Domscheid (38. Eigentor), 1:4 Ascherl (68.)
Schiedsrichter: Spranger (Glauchau)
Zuschauer: 40000
Spielort: Stadion im Riederwald in Frankfurt/Main
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