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Saison 1949/1950
Freundschaftsspiel - So., 01.01.1950
SpVgg Fürth - Rapid Wien
0:1 (0:0)
Wie viele in Deutschland beneideten Fürth um dieses Neujahrsfest: Rapid zu sehen! Der Name Rapid strahlt an sich schon einen magischen Zauber aus. Ganz besonders in Deutschland! Und nun noch gerade in seiner jetzigen Phase der großen taktischen Umschulung zum Modernen, wovon alles spricht. Nümberg-Fürth selber schien der magnetischen Kraft dieses europäischen Ruhmes noch gar nicht einmal so sehr zu erliegen. 18.000 erschienen uns als Augenzeugen wenig. Oder hat das Sinken des Wiener Fußballsterns viele zögern lassen? Oder ahnten manche, Rapids Schauspiel würde uns Schwärmer alter Rapidherrlichkeit Lügen strafen? Nehmen wir offenherzig das Eingeständnis vorweg: Rapids 1:0-Sieg bedeutet ein Zahlenkuriosum im Vergleich zu Fürths überwiegend drückender Überlegenheit und im Verhältnis zu dem Torchancenverhältnis. Keinem sämtlicher Oberliga-Gäste heizte der Fürther Sturm derart unbarmherzig ein, wie heute der Rapid, kein Torwart bekam seit Monaten solche Kanonaden von Schüssen abzuwehren, wie Zeman. Aber auch kein Torwart faszinierte uns seit langem mit so vielen phantastischen Paraden wie dieser Zeman. Er bewahrte seine Rapid vor einer oft drohenden Katastrophe.
Die beiden Internationalen Binder und Pesser, die großen Berater Rapids, sind viel zu erfahrene und selbstkritische Wissenschaftler des Spiels, als dass sie nicht selber empfanden: heute waren uns eher die Fürther ein Lehrmeister; als wir den Fürthern. Der zumeist einseitige Spielablauf entfaltete sich aus dem flüssigeren variantenreicheren, vor allem eher flach kombinierenden Zusammenfließen der deutschen Aktionen. Lange Passfolgen durch die eigenen Linien sahen wir bei Rapid nur selten, bei Fürth infolge des schwächeren Feldwiderstandes häufiger als etwa in den letzten Punktespielen. Trotz auffallender Formschwäche Schades und trotz Hoffmanns Ausscheiden (noch vor der Pause), trotz Rapids zeitweilig gar zu einseitig defensiver Auslegung des WM-Systems kristallisierten sich aus den Fürther Operationen mehr Torchancen heraus als gegen Stuttgart, Mühlburg und 1860 zusammengenommen! Und es fehlte auch nicht an kernigen Schüssen. Zauberer Zeman war unüberwindlich. Gedankenschnell flog er in die Schussbahnen und fast möchte man ihm zurufen, was wir einst dem in seiner Art unvergleichlichen kleinen Planicka aus Prag kopfschüttelnd attestierten: seine Hände griffen schneller zu als wir von draußen auch nur mitdenken konnten! Einem Durchschnittstorwart hätte man fünf, sechs Fürther Tore nicht übelgenommen und sie als unhaltbar erklärt...
Das beleuchtet die Szenerie des nicht immer dramatischen aber doch an hübschen Feinheiten reichen Gastspiels der beliebten Wiener.
Warum wir dennoch Binder und Pesser, den Rapid-Organisatoren, gratulieren? Weil sie den Mut haben, Wien taktisch zu modernisieren. Sie tun auch klug daran, mit echt Wiener Originalität und Findigkeit, das WM-System erstens unter anderm Namen und zweitens mit interessanten Varianten einzuführen. Man sagt brasilianisch und meint (insgeheim) natürlich doch nur das moderne Spiel.
Der Sieg soll Binder und Pesser ermutigen, trotz mancher Enttäuschungen und aufkeimender Zweifel an der Weiterorganisation festzuhalten. Es wird noch mancher Lehrgeld zu zahlen sein. Auch die anderen Mannschaften in der Welt entwickelten sich nur langsam organisch zu der Taktik, die heute einmütig auf diesem Erdball der taktische Grundriss des Fußballspielens geworden ist. Das Studium des Fürther Spiels mag die Gäste eben so sehr ermutigen, dass man auch in der neuen Verteilung der taktischen Rollen sehr wohl allen Witz, alle taktischen Finessen und geistige Beweglichkeit in das Spiel hineintragen kann.
In der Halbzeit meinten Billmann und der Kritiker dieser Zeilen wie aus einem Mund: „Genau so hat der 1. FC Nürnberg auch einst angefangen umzulernen." Offiziell nannte man damals, weit mehr als zehn Jahre ist es her, Billmann den rechten Verteidiger, obwohl er selber längst als Stopper fungierte, man gab Carolin als offensiven Mittelläufer bekannt, obwohl er sinngemäß die Funktion des Seitenläufers modernen Stils erfüllte, und Hans Uebelein feierte seine Erfolge als (tatsächlich) rechter Verteidiger, obwohl man seinerzeit in den Aufstellungen der Presse noch vom "Seitenläufer" Uebelein sprach. „Ja, so fingen wir auch an, und soeben habe ich es Binder in der Kabine gesagt: ihr spielt im Grunde genau unser WM, bloß nennt ihr die Spielerposten noch anders", erzählte Billmann.
Die Plauderei mit Billmann deutet an, inwiefern Rapid erwartungsgemäß schnell mit seiner brasilianischen Neuheit entzaubert wurde. Die beiden als Außenläufer bezeichneten Müller und Golobics fungierten als regelrechte (außen deckende] Verteidiger. Der auf dem Papier als Mittelläufer angegebene Gernhardt hing, taktisch modern richtig, ebenso etwas nach der Seite wie Max Merkel, der praktisch gar kein Verteidiger mehr, sondern ein übrigens sehr wirkungsvoller Flügelläufer geworden ist.
Hinter einem Viermännersturm pendelte Gießer und unterstützte den Stopper Ernst Happel, der sich vor allem den gegnerischer Mittelstürmer aufs Korn nahm, für unsere Begriffe aber unnötig weit hinten hing. Aus den Zuschauerrängen erklang schließlich der Ruf, Wien solle nicht so mauern. Wir möchten die Gäste aber ausdrücklich gegen diesen Vorwurf des zu betonten Verteidigungsspiels in Schutz nehmen. Erstens verstärkte Wien seine Abwehr nicht mehr als zuletzt VfB Stuttgart. Mühlburg und 1860, und zweitens erfordert es selbst für so intelligente Spieler, wie die Rapidler, eine lange Weile, ehe sie sich aus der Starre, des zu ängstlich defensiven Zurückhängens zu einem offensiven Sieben-Stürmer-Spiel, wie es im WM üblich ist, weiterentwickelt haben.
Eines fiel namentlich den älteren Fußballfreunden auf: Die Österreicher spielten auffallend viel hoch ab, verloren damit Zeit, glichen es freilich etwas durch ganz hervorragendes Kopfspiel und die sprichwörtliche Meisterschaft aus, Bälle im Flug zu stoppen und mitzunehmen. Immerhin, wirkte das flachere Zusammenspiel der Deutschen nicht nur fürs Auge gefälliger, sondern auch kräftesparender.
Happels entschlossenes, prachtvoll startschnelles Stopperaufräumen verdient ebenso Lob wie Gernhardts Zerstörungsarbeit als neuer Seitenläufer. Im Sturm zeigte Riegler (ein Bruder des alten Internationalen) feine Züge, und der Rechtsaußen Körner passierte schnell entschlossen so oft Frosch, dass man ihm sein sein einkanoniertes Tor am meisten gönnte. Besonders vor der Pause sahen wir  vom Rapidsturm, trotz der ängstlichen Zurückhaltung seiner Hintermänner, eine Reihe von so verblüffend klarlinigen, selbstverständlich ballgewandt eingefädelten Aktionen, dass wir einen Begriff bekommen konnten, wie sich Rapid eines Tages vielleicht entfalten wird, wenn... (siehe oben.)
Und die Fürther? Zwischen den bisherigen Zeilen steht schon ihr Lob, das Kompliment für ihr im Feld unerwartet überlegenes Spiel, die Entschuldigung für das Ausbleiben der Tore aber auch Kritisches. Auf Schade hatte man die Rapidler wohl ausgiebig aufmerksam gemacht. Oft hingen zwei Wiener an ihm, dennoch haben wir den Eindruck, mit der Startschnelligkeit und Gewandtheit seiner Glanzzeit im Herbst hätte er doch einige Chancen nicht bloß vorbereiten, sondern selbst für den schier unüberwindlich scheinenden Zeman vollenden können. Hoffmanns Ausscheiden nahm dem Fürther Sturm viel Stoßkraft, obwohl Mai am Ball gewandt und überlegt sich vielversprechend einfügte.
Ein Sonderlob gilt dem rassig aufräumenden ballsicheren und überlegt abspielenden Meister des Zerstörungsspiels, Schneider, obwohl der Trainer und Spielführer für Frosch heute vieles miterledigen musste. Vorläufer wagte bei energischem Zerstören bisweilen zu viel, auch Helbig übertrieb die Umständlichkäit des Spiels, was man selbst dem (oft wiederum überragenden) Gottinger manchmal vorwerfen musste. Es schien gelegentlich, als wolle Fürth das kunstvolle Spiel übertreiben, das kostete teuere Minuten. Goth begann mit einem Felder, aber drei, vier brillante Paraden bei stets sicherer Arbeit ließen dann endlich nach Wochen einmal erkennen, worin seine Freunde sein Talent entdeckten. Allzu oft gefährdete ihn Rapid aber nicht, aber wenn, hatten die Rapid-Schüsse (echte Binder-Pesser-Schulung) alarmierende Zündung!
Und wer uns neben dem großartigen Zeman am besten auf dem Spielfeld gefiel? Schiedsrichter Strobel! Wir hörten so oft Lob über ihn. Seine Umsicht, der sichere Blick, das Gefühl für Vorteil der mutige Verzicht auf jede PIatzbegünstigung, die unauffällige Unnahbarkeit seiner mühelos scheinenden Leitung, das Geschick genau und doch nie kleinlich zu sein, kennzeichneten ihn als einen überragenden Mann seines Fachs in Deutschland. Hätten wir nur viele Strobels!
Die Mannschaften begegneten sich in vornehmster Sportlichkeit, obwohl der steinhart gefrorene Boden Zusammenstöße und Stürze sehr schmerzhaft machte. Die Wiener bewiesen auch hierin, dass sie nicht umsonst so beliebt sind. Nur ihr ängstliches Zeitstehlen nahmen ihnen die Zuschauer übel. Aber man konnte, verstehen, dass sich der Gast in seiner Bedrängnis in der letzten Viertelstunde selbst durch solche Methoden den Glückssieg retten wollte.

Pitt

SpVgg Fürth: Goth - Schneider, Frosch - Helbig, Vorläufer, Gottinger - Hoffmann (Sieber/Mai), Brenzke, Schade, Appis, Nöth - Trainer: Helmut Schneider
Rapid Wien: Zeman - Merkel, Happel - Müller, Gernhardt, Golobic - Körner I, Riegler, Dienst, Gießer, Körner II - Trainer: Hans Pesser
Tore: 0:1 Körner I (74.)
Schiedsrichter: Strobel (Schwabach)
Zuschauer: 18000
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