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Saison 1935/1936
Freundschaftsspiel - Fr., 23.08.1935, 18:15 Uhr
Hamburger SV - SpVgg Fürth
2:1 (1:0)
Viele Jahre zählten beide zur Sonderklasse in Deutschland, beide mehrfach geschmückt mit dem stolzen Titel „Deutscher Meister." So manches Mal sind sie sich begegnet. Nie gelang es dem Ha-Ess-Vau, die Fürther zu besiegen, die Sache war und blieb verhext. Ja, als der HSV im Zenith seines Ruhmes stand, als diese drei Buchstaben der Fußballwelt des Kontinents ein Begriff wurden, gerade in jener Zeit mussten der erfolggewohnte HSV. einmal eine zweistellige Niederlage hinnehmen! Keiner wollte es glauben, als die Kunde aus Fürth kam, dass diese norddeutsche Gardeelf zehn zu null geschlagen war. Zwar hat sich ein ähnliches Ergebnis nie wiederholt, aber bald Jahr für Jahr scheiterten die Rothosen an ihrem Ziel, endlich von der Wahnvorstellung frei zu kommen, die Fürther nicht besiegen zu können. Nun ist der Bann gebrochen! Nun ist es geschafft, zu einer Zeit, wo man es eigentlich am wenigsten vermuten konnte. Was die Rothenbaumer nicht zu zwingen vermochten mit Tull, Härder, Assi Halvorsen, Schneider, Kolzen, Beier, Risse und Genossen, mit allen ihren Repräsentativen, das glückte ihnen mit Jessen, Höffmann, Müller, Reinhardt, Bohn, Warning! Wer kennt diese Namen?

Dazwischen liegt eine Welt, eine Welt in vielerlei Hinsicht. Auch bei den Fürthern erinnert nur noch wenig an die selige „Hochburg"-Zeit. Urbel Krauß ist eine der letzten Säulen, die bis in jene Epoche hineinragt, doch auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht. Der Loni Seiderer erteilte vom Beobachtungsposten hinter dem Tor aus seine Ratschläge. Vor zehn Jahren zerbrachen sich die Weisen den Kopf, ob sie Tull, Härder oder Loni Seiderer in die Sturmmitte der Nationalmannschaft stellen sollten. Jeder einzig in seiner Kunst, und doch wie grundverschieden. Ausnahmeerscheinungen dieses Formates besitzt man heute weder am Rothenbaum noch am Ronhof.

Gewisse Eigenarten haben sich in den Mannschaften erhalten trotz alles Wechsels. Noch immer pflegen die Fürther ihr kurzes, flaches Passspiel, man freut sich ihrer feinen und feinsten Ballbehandlung. Aber irgendetwas fehlt doch. Und ähnlich ist es bei den so anders gearteten Rothenbaumern. Schmerzlich war es, dass jede Seite einen ihrer herausragendsten Spieler entbehren musste. Politz liegt noch immer schwer krank, und Fürths Mittelstürmer Becher ist in Hohenlychen, um eine Verletzung auszuheilen. Durch diese Angriffsschwächungen bekamen die Hintermannschaften das Übergewicht. In Dörfel I, Schwender und Leupold I standen drei Verteidiger von Format auf dem satten Rasen. Besonders Dörfel war in Hochform, immer wieder riss er die Fürther Kombinationsfäden auseinander und Urbel Krauß als Ersatz-Mittelstürmer ist nicht der Mann, unentwegt neue Fäden zu knüpfen. Sturmführer ist für diesen „alten Knaben" ein verlorener Posten. Seine Berufung in die Angriffsmitte — wenn auch ersatzweise — deutet auf fehlenden Nachwuchs. Routiniertester Stürmer der Kleeblätter war Leupold der Zwote. Frank (jetzt Linksaußen) hat seine Zeiten wohl hinter sich. Kombinieren können sie noch immer, die Fürther, sie können auch hart sein (wie der HSV), nur eins ist ausgeprägter geworden denn früher: der Mangel an Schußvermögen. Es ist bedrückend, wie schlecht geschossen wird. Nicht ein einziges reguläres Tor bekamen die Fürther fertig, obwohl in Bohn ein Ersatzmann für Henneberg verteidigte. Nicht schlecht, das soll zu Bohns Ehre gesagt sein. Im Schießen war der HSV. entschieden besser, Dörfel II sogar in Hochform, und deswegen ist dieser langersehnte Sieg der Rothenbaumer auch durchaus verdient. Es hätte deutlicher werden können, wenn nicht Wenz im Tor der Fürther eine wahrhaft repräsentative Gesamtleistung geboten hätte. An Gelegenheiten, sich auszuzeichnen, fehlte es diesem erstklassigen Torhüter gewiss nicht.

Der Besuch mag mit nahezu 4000 für einen Freitagabend nicht schlecht gewesen zu sein, und doch war es eine Enttäuschung. Wir stehen am Wendepunkt einer Entwicklung. Groß-Hamburgs Aussichten, wieder mehr in den Vordergrund zu gelangen, sind besser als viele anscheinend vermuten. Der Weg nach oben ist weniger dornenvoll, wenn das Fußballvolk treuer mithilft. Dieser 2:1-Sieg über Fürth muss der HSV-Mannschaft Vertrauen geben, denn Fürth ist immerhin bayrischer Meister, vor Vereinen wie 1. FC. Nürnberg, Bayern-München, 1860 München. Unter den treuen Freunden unseres Fußballsportes begrüßten wir die Gau-Inspekteure Harry Henningsen, den Stellvertreter des Reichsstatthalters, Friedrich Stanik, den Intendanten des Rundfunks Grupe, den Präsidenten der Justizverwaltung Dr. Rothenberger, alles ehemalige Fußballer, die den Wert dieses männlichen Kampfes zu schätzen wissen. Leider ging es ziemlich rauh her, mit allerlei Haken und Ösen. Wir sagen nicht gern etwas gegen den Schiedsrichter, aber diesmal hatte der Unparteiische, sonst ein prächtiger Kerl, denn doch einen reichlich unglücklichen Tag. Er fällte Entscheidungen, auf die man gar nicht kommen konnte, versah sich ein über das anderemal, so dass manche Entgleisung in milderem Licht erscheinen muss. Wer selbst gespielt und gekämpft hat, weiß wie schwer es ist, in schlechter Atmosphäre streng tugendhaft zu bleiben. Denn Menschen sind wir alle. Er gehörte ein gutes Quantum von Disziplin dazu, dass hässliche Ausscheidungen vermieden wurden. Vor einem Jahrzehnt wäre es bei solcher Leistung — mit Kampfhähnen auf beiden Seiten — drunter und drüber gegangen. Wir sind eben doch schon ein gutes Stück weiter gekommen, und wir müssen gestehen, dass hinsichtlich der Selbstbeherrschung die Spieler mehr gelernt haben als manche Teile des Publikums. Heute wird die ritterliche und vorbildliche Kampfesweise unserer Nationalmannschaften überall anerkannt, und es muss unser Ziel sein, dass dieser Geist unser Nationalspieler allmählich zum Allgemeingut aller deutschen Fußballspieler wird.

Die Turmuhr der Johanniskirche zeigte bereits 18.20, als die beiden Mannschaften in Sicht kamen und sich nach der Wahl aufbauten:

Wenz - Leupold I, Schwender - Hecht, Emmert, Krauß II - Worst, Leupold II, Krauß I, Wolf, Frank

Warning - Bohn, Dörfel I - Gloede, Behning, Reinhardt - Jessen, Noack, Höffmann, Dörfel II, Müller

Jessen, Höffmann, Müller, Warning und, soviel ich weiß, auch Bohn stammen aus der Jugendabteilung der Polizei, die damals ziemlich geschlossen dem HSV beitrat, als die Sportvereinigung Polizei die Jugend- und Frauenabteilungen aufgab. Hinter uns stand der gefürchtete Fanatiker, der bei jedem Pass der Fürther verzückt in den Abendhimmel schmetterte: sauber! Schon nach 5 Minuten machte Leupold I im Strafraum Hand. Noack verwandelte und der HSV. hatte einen im Sinn. Des Fürther Spiel ist zu engmaschig, erst in der zweiten Hälfte werden die Flügel rationeller ausgenutzt. Leupold II trifft das Außennetz. Sonst kommen die Kleeblättler wenig zum Schuss, und von den wenigen Schüssen kann keiner imponieren. Schon jetzt manche Unsauberkeit. Der HSV arbeitet energisch, Gloede schuftet wie immer, muss aber seine Arme am Körper halten. Dörfel I spielt kraftvoll und sicher, und vorne ist sein „kleiner" Bruder die treibende Kraft und der Scharfschütze. Zwei seiner Glanzschüsse meistert Wenz. Das ist Torwächters Kunst!

Leider fehlte es. auch im HSV-Sturm an Zusammenhang. Noack kommt nicht so recht in Fahrt, Leupold I verdirbt ihm manche Absicht und Jessen ist naturgemäß kein Calli Politz. Fürths Verteidiger zeigen erstklassige Abwehr. Beide Mittelläufer mühen sich, ohne große Linie zu erreichen. Die Fürther erzielen ein halbes Dutzend Ecken, aber wirklich gefährlich wird es auch dann nicht. Krauß I ist zu schwerfällig, und wenn es nicht so geht wie gedacht, übt er sich im Zusehen. Müller am rechten Flügel ist noch zu unbesinnlich, und Jessen hat auch Mühe, sich auf dem anderen Flügel zurechtzufinden. Höffmann, von Schwender hart bedrängt, funkt vorbei. Zweimal rettet Dörfel der Ältere, einmal direkt auf der Torlinie. So richtig steht im entscheidenden Augenblick nur ein alter Fuchs. Das Eckenkonto der Fürther mehrt sich, aber dabei bleibt es. Gefährlicher sind die Attacken des HSV. Eine der besten Chancen nach guter Vorarbeit von Müller und Noack verschießt Jessen. Behning knallt vorbei. Endlich kann Warning auch mal zeigen, dass er etwas kann, obwohl Gloede ihn im Übereifer stört.

Nach kurzer Pause geht es weiter. Zeitweise hübsche Kombinationen der Fürther, aber dann wird alles verschossen. Einen 20-Meter-Freistoß jagt Noack hart am Torpfosten vorbei. Wieder hält Wenz prima. Rudi Noack durchzuckt es, das ist Klasse, wie er zwei der gewiegten Fürther umspielt und überspielt. Einen Glanzschuß lenkt Wenz bravourös zur Ecke. Noch immer 1:0. Rudi Noack holt sich die Bälle von hinten. Jessen wird verletzt, Jentsch tritt ein. Die Irrtümer des Schiedsrichters mehren sich. Das macht die Spieler (nicht alle) nervös, und die Gangart wird rauer. Endlich mal ein sauberer Schuf von Fürther Seite, der kleine Ersatz-Rechtsaußen Worst ist der glückliche Schütze, doch das Tor wird nicht anerkannt, weil ein anderer Fürther in Abseitsstellung geraten ist oder sein soll. Als Walli Gloede den zum Tor strebenden Worst abzudrängen sucht, fällt der kleine Fürther. Irgendetwas Regelwidriges war bestimmt nicht zu erkennen. Nicht gering ist das Erstaunen, als der Schiri Strafstoß (Elfmeter) verhängt. Leupold I kommt und vollstreckt zum 1:1. Warning lenkt fein über die Torlatte zur Ecke. Jetzt haben die Fürther mehr vom Spiel. Als dann Dörfel I dicht vor der Torlinie mit beiden Händen stoppt, sieht der Schiedsrichter nichts. Der obige Elfmeter ist ausgeglichen! Fürth herrscht, Dörfel ist der Fels in der nicht allzu gefährlichen Brandung, und auch Bohn leistet nützliche Arbeit. Ein Fürther hakt und — Fürth erhält einen Freistoß.

Nach zehn Minuten des Druckes macht sich der HSV wieder freier. Wenz muss zweimal fangen, darunter einen Scharfschuß des gefährlichen Frido Dörfel. Frank kommt allein durch, Warning saust ihm entgegen, verkleinert den Schusswinkel und der ehemalige Repräsentative lenkt vorbei. Es beginnt zu dunkeln. Ein gefährlicher Drehschuß Dörfels springt Wenz aus den Händen ins Netz. Der HSV. führt 2:1, 8 Minuten vor Schluss. Wenz beseitigt einen guten Schuß Höffmanns. Noack jagt einen Freistoß scharf über die Latte. Wenz hält ausgezeichnet in dieser bemerkenswerten Drangperiode das HSV. Dörfels Prachtschuß saust um Haaresbreite vorbei. Es bleibt bei dem 2:1, bei dem ersten Sieg des Ha-Ess-Vau über die Spielvereinigung Fürth.

Die gesamte Elf der Rothenbaumer hat tapfer gekämpft, und das hat ihr einen stattlichen Prestigeerfolg eingebracht, ein Erfolg, von dem ein kleiner Lichtstrahl auf die gesamte Gauliga der Nordmark zurückfällt. Ein Sieg über Fürth ist auch heute noch eine gute Empfehlung.
Hamburger SV: Warning - Bohn, Richard Dörfel - Gloede, Behning, Reinhardt - Jessen (Jentsch), Noack, Höffmann, Friedrich Dörfel, Müller
SpVgg Fürth: Wenz - Leupold I, Schwender - Hecht, Emmert, K. Krauß - Worst, Leupold II, H. Krauß, Wolf, Frank
Tore: 1:0 Noack (5., Handelfmeter), 1:1 M. Leupold (Foulelfmeter), 2:1 Friedrich Dörfel (82.)
Schiedsrichter: Kreitlow
Zuschauer: 4000
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