JULIUS HIRSCH
Geboren 07.04.1892 in Achern
Gestorben 08.05.1945
Position Mittelfeld
Im Team ab April 1913
Im Team bis Juli 1919
Nationalität Deutsch
Vorherige Vereine Karlsruher FV (1902-3/1913)
Spätere Vereine Karlsruher FV (1919-1924), Karlsruher FV AH (1924-4/1933), Trainer FA Illkirch-Graffenstaden (1933/34), Spielertrainer Turnclub 03 Karlsruhe (1934/35)

Mit dem Namen Julius Hirsch verbindet die SpVgg zwei völlig gegensätzliche Ereignisse: Einerseits war er der Kapitän der Meistermannschaft von 1914, andererseits wurde er als Jude ein Opfer der menschenverachtenden Verfolgung Andersgläubiger während des Nazi-Regimes.

Julius Hirsch, genannt „Juller", war Jahrgang 1892 (7.4.) und spielte 1902 bis 1913 für den Karlsruher FV, damals einer der führenden deutschen Klubs und bereits 1905 Deutscher Vizemeister (mit Ivo Schricker, dem späteren FIFA-Generalsekretär). Er wurde insgesamt siebenmal in die Nationalelf berufen und erzielte fünf Tore (vier beim 5:5 gegen Holland). 1910 wurde der KFV mit Hirsch Deutscher Meister, 1912 standen beide nochmals im Endspiel (0:1 gegen Holstein Kiel). Julius Hirsch schaffte aber mit der SpVgg Fürth 1914 als Halblinker den erneuten Titelgewinn. Dann kam allerdings der 1. Weltkrieg und die nächsten vier Jahre war Hirsch Soldat. Er wurde mit dem EK II und der bayerischen Dienstauszeichnung ausgezeichnet. Nach dem Krieg kehrte er nach Karlsruhe zurück und blieb zunächst dem KFV treu.

Auf die schnellen Repressionen gegen Juden im öffentlichen Leben 1933 reagierte Hirsch mit der resignierten Austrittserklärung. Aus seinem Schreiben an den Sportclub: "Ich lese heute im Sportbericht Stuttgart, daß die großen Vereine, darunter auch der KFV, einen Entschluss gefasst haben, daß die Juden aus den Sportvereinen zu entfernen seien. Leider muss ich nun bewegten Herzens meinem lieben KFV, dem ich seit 1902 angehöre, meinen Austritt anzeigen. Nicht unerwähnt möchte ich aber lassen, daß es in dem heute so gehassten Prügelkinde der deutschen Nation auch anständige Menschen und vielleicht noch viel mehr national denkende und auch durch die Tat bewiesene und durch das Herzblut vergossene deutsche Juden gibt." Noch gab man ihm beim KFV eine Antwort, daß man es bedauern würde, "ein altes (seit 1902) und bewährtes Mitglied zu verlieren". Doch die "arischen" Richtlinien gaben Hirsch keine Chance.

Hirsch, der als Geschäftsführer und Reisevertreter für einen Sportartikel-Hersteller gearbeitet hatte, war seit 1932 arbeitslos. 1933-34 arbeitet er als Trainer für die FA Illkirch-Graffenstaden im Elsaß. Der erwähnte FIFA-Generalsekretär Dr. Ivo Schricker empfiehlt ihn, doch weitere Engagements als Trainer kommen nicht zustande. Da er einem DFB-Verein nicht mehr angehören darf, schließt sich der Nationalspieler 1934 dem jüdischen Turnclub Karlsruhe 03 im Sportbund Schild an, für den er als Fußballtrainer arbeitet (Karlsruhe wird 1934 Badischer Meister) und in dem er einen Vortrag über seine sportliche Laufbahn hält - "ich schließe mit dem Wunsche, daß der Jüdische Sport grünen, wachsen und gedeihen möge". Die Heimspiele des KFV auf dem Platz an der Telegraphenkaserne besucht „Juller" Hirsch weiterhin, allerdings heimlich, denn Juden ist der Zutritt verboten.

1937 findet der Kaufmann wieder Arbeit, als Hilfslohnbuchhalter, doch als die jüdische Firma in Ettlingen-Maxau bei Karlsruhe 1938 „arisiert" wird, ist der namhafte Fußballer wieder arbeitslos. Im November 1938 besucht Hirsch Verwandte in Frankreich. Auf der Rückreise springt er am 4. November aus dem Zug und wird in die Psychiatrische Klinik Bar-le-Duc eingeliefert, da er depressiv wirkt. Als die Nazis am 9. November 1938 das oft verharmlosend „Reichskristallnacht" genannte Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung beginnen, glaubt Hirsch, daß seine Familie und Verwandtschaft ermordet worden ist. Er bleibt bis 1939 in der Klinik und lässt sich nach der Rückkehr in Karlsruhe von seiner (evangelischen) Ehefrau scheiden, um sie und die Kinder Heinold und Esther vor Verfolgungen zu bewahren.

Das Städtische Tiefbauamt verpflichtet den Kaufmann, der sich nun zwangsweise „Julius Israel Hirsch" nennen muss, als Hilfsarbeiter für einen Schuttplatz. Im Februar 1943 wird dem 50jährigen mitgeteilt, er werde zu einem „Arbeitseinsatz" transportiert. Ein Lokführer, den er aus alten Fußballtagen kennt, hat Hirsch angeboten, ihm zur Flucht zu verhelfen, aber der Karlsruher lehnt ab. Am 1. März 1943 wird er mit weiteren elf badischen Juden deportiert: Das Ziel des Transportes ist das KZ Auschwitz. Am 3. März ist eine Karte aus Dortmund zum 16. Geburtstag von Tochter Esther das letzte Lebenszeichen. Wann, wo und wie der Fußball-Nationalspieler Julius Hirsch ermordet wurde, konnte nie mehr in Erfahrung gebracht werden. 1950 erklärt ihn das Amtsgericht Karlsruhe mit Datum 8. Mai 1945 für tot.

Seine Kinder Heinold und Esther werden am 14. Februar 1945 als „Mischlinge l. Grades" in das KZ Theresienstadt (heute Terezin in Tschechien) deportiert. Der 22-Jährige und die 17-Jährige überleben. Die Schulsporthalle der Gemeinde Pfinztal ist die bislang einzige sichtbare Erinnerung an den Nationalspieler, der Opfer der Nazis wurde. Sie wurde am 22. Januar 1998 mit der Enthüllung einer Gedenktafel an Juller Hirsch umbenannt.

Ein recht herzlicher Dank geht an Werner Skrentny, der mir diese Informationen zur Verfügung gestellt hat. Er ist Autor von "Als Morlock noch den Mondschein traf - Die Geschichte der Oberliga Süd 1945-1963 "

Saisonhistory
Saison Verein Liga Liga-
Spiele
Liga-
Tore
Pokal-
Spiele
Pokal-
Tore
Weitere
Spiele
Weitere
Tore
1909-1913  Karlsruher FV Südkreis-Liga            
1910-1912  Karlsruher FV Endrunde Deutsche Meisterschaft 8 1 0 0 0 0
1913/1914  SpVgg Fürth Ostkreis-Liga 18 17 0 0 3 0
1918/1919  SpVgg Fürth Bezirksliga Mittelfranken 6 9 0 0 0 0
1919/1920  Karlsruher FV Kreisliga Baden            
1920/1921  Karlsruher FV Kreisliga Südwest (Württemberg/Baden)            
1921/1922  Karlsruher FV Kreisliga Südwest (Württemberg/Baden)            
1922/1923  Karlsruher FV Kreisliga Baden            


Aufschlüsselung "weitere Spiele":

1914: Deutsche Meisterschaft
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