Es war die 21. deutsche
Fußballmeisterschaft, die am 28. Juli 1929 ausgetragen
wurde. Allgemein ist es so, daß wir nach einer so
langen Zeit vieles oder alles vergessen haben. Doch
erinnern sich die Alten sehr gern an die großen Zeiten
der zwanziger Jahre, wo die fußballerischen
Kunststückchen der Seiderer, Franz, Müller, Ascherl,
Hagen, Krauß u. a. bewundert werden konnten.
Der Name Fürth
war ein Begriff. Das war schließlich auch kein Wunder,
denn seit 1920 waren die Kleeblättler dabei, wenn es um
Titel und Ehren ging. Ganz abgesehen davon, daß bereits
1914 die deutsche Meisterschaft nach Fürth geholt
wurde.
Auer, Frank, Hagen und Franz kommen ins Stadion (v.l.)
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Jedenfalls waren die Fürther schon 1926 durch einen
glanzvollen Sieg über Hertha BSC Berlin in Frankfurt
deutscher Fußballmeister geworden. Im Jahre 1927 war
es, als die Ronhofer in der Vorschlussrunde von den
Berlinern 2:1 geschlagen wurden und ausschieden.
Sozusagen eine Berliner Revanche. Die Nürnberger
verdarben den Berlinern das Konzept. Im Endspiel siegte
der Club 2:0. Die "Hochburg" hatte wieder einen Titel.
1928 hatte sich das fußballerische Schwergewicht nach
München verlagert. Der FC Bayern und Wacker kämpften
mit um die "Deutsche", erbten allerdings keinen
Blumentopf. Der HSV schlug Bayern München 8:2 und die
Berliner Hertha Wacker 2:1. Die Fußballhochburg
Nürnberg-Fürth durfte nur zuschauen. Und das tat man
dort mit einem gewissen Schmunzeln. Der HSV wurde
Meister.
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Hans "Urbel" Krauß und Hanne Sobek blicken
dem Ball nach, aber Neger hält. Wer hier wen zu Fall
brachte, ist nicht erwähnt
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Als es dann in
die Punktspielsaison 1928/29 ging, war einiges los! In
der nordbayerischen Liga, in der neben der
Spielvereinigung auch VfR Fürth, der 1. FC Franken und
ASV Nürnberg, 1. FC Bayreuth, Bayern Hof und Würzburg
04 spielten, wussten sich die Ronhofer glänzend zu
behaupten. In diese Zeit fällt der glatte 5:2-Sieg
gegen den Nürnberger Rivalen. Wie stark die Klasse war,
geht schon daraus hervor, daß den Fürthern in Hof mit
Ach und Krach ein 2:1-Sieg gelang. Bei 04 Würzburg
wurde sogar nur 1:1 gespielt und mit wenig Freude die
Heimreise angetreten.
Aber man hatte gegenüber den Nürnbergern einen
Zweipunktevorsprung. Das wurmte die vom Zabo. Beim
fälligen Rückspiel siegte der Club glatt 3:0. Das
hatte man nicht erwartet. Damit waren beide Vereine
gleichauf. Die noch ausstehenden Punktspiele gegen den
ASV und VfR wurden sicher gewonnen.
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Die beiden Kapitäne Hagen und Sobek zusammen mit
Schiedsrichter Dr. Peco Bauwens
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Das
Torverhältnis zählte damals noch nicht, was sehr
vernünftig war, deswegen war ein Entscheidungsspiel
erforderlich. Spannung noch und noch. Die Nürnberger
siegten 4:3 und waren somit Nordbayerns Meister und
automatisch im Kampf um die deutsche Meisterschaft
dabei, während die Fürther in der sogenannten "Runde der Zweiten" noch gegen zahlreiche
Mitkonkurrenten des Südens antreten mussten. Das war
eine Ochsentour. Man vertraute auf das spielerische
Können und war zuversichtlich, auf "Umwegen" doch
noch in die Endkämpfe eingreifen zu können.
Die Stuttgarter Kickers dämpften aber zunächst den
Tatendrang, denn die Mannen um Leinberger verloren 1:2.
Aber im weiteren Verlauf der Qualifikationsspiele waren
die Fürther, die mit Respekt hochgelobt wurden, nicht
mehr zu halten. Wenn wir uns überlegen, daß der
Verein, der in den schweren Treffen mit der gewiss nicht
leichten Gegnerschaft des Südens auch noch "Freundschaftsspiele" abschloss und mit
beachtlichem Erfolg absolvierte, beweist das, welche
Substanz und wie viel spielerisches Können in der
Mannschaft steckte.
Als die Fürther im Rückspiel die Stuttgarter
Kickers 4:0 geschlagen hatten, war die Welt im Ronhof
wieder in Ordnung. Der 1. FC Freiburg wurde 6:1
abgefertigt und Phönix Karlsruhe (Vorläufer des
jetzigen KSC) sogar 8:0 und 6:2 verladen. Den
glanzvollen Schlusspunkt bildete der 7:2-Sieg über 1860
München. Man war wieder wer und rüstete auf die
Endspiele.
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v.l. Krauß II, Krauß I, Frank, Franz, Auer, Neger,
Leinberger, Röschke, Rupprecht, Kießling, Hagen
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Es würde über
den Rahmen dieser nostalgischen Betrachtung hinausgehen,
wollte man auf die nun folgenden gesamten
Endrundenspiele und Ergebnisse zur Deutschen
Meisterschaft eingehen. Jedenfalls hatten sich der Club,
die Spielvereinigung, Fortuna Düsseldorf, der
Meidericher SV (heute MSV Duisburg), Hertha BSC (wieder
einmal!), Tennis Borussia Berlin, Preußen Zaborze (ganz
gut, einmal daran zu erinnern, daß es diesen Verein
gab!). Breslau 08, Holstein Kiel, der Hamburger
Sportverein, der Dresdener Sportclub, Wacker Leipzig,
VfB Königsberg, Titania Stettin, Schalke 04 und Bayern
München qualifiziert. Eine ganz ausgezeichnete
Gesellschaft, in der man sich befand. Zunächst wurde Fortuna Düsseldorf 5:1 überfahren
und in der Zwischenrunde musste der HSV (2:0) dran
glauben und schied ebenfalls aus. Damals wurde nach dem
K.O.-System gespielt. Das war für den Anfang ganz
schön. Man wartete auf die Dinge, die da kommen
sollten. Und die kamen auch. Die Nürnberger hatten
Holstein Kiel 6:1 und Tennis Borussia Berlin 3:1
ausgebootet. Alles deutete darauf hin, daß das Endspiel
Nürnberg-Fürth heißen könnte - wie 1920 -, wo
die kampfbetonte Nürnberger Mannschaft 2:0 siegte und
den Titel erstmals in die Noris holten. Es kam aber ganz
anders. In der Vorschlussrunde qualifizierte sich
nämlich Hertha BSC durch einen knappen 3:2-Sieg über
den hochfavorisierten Club für das Endspiel. Die
Spielvereinigung hatte SC Breslau 08, den man unter
"ferner liefen" bezeichnete, 6:1 geschlagen und
damit ebenfalls das Endspiel erreicht. Das war eine
durchaus beachtliche Leistung, denn die Schlesier hatten
zuvor Bayern München 4:3 besiegt.
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Speisenfolge beim Festbankett im Grand Hotel nach dem
Endspiel 1929
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Weil es so schön
war, also wiederum Fürth - Hertha BSC Berlin. Die
"Experten" tippten auf einen glatten Sieg der
Spielvereinigung, zumal man das Spiel nach Nürnberg
vergeben hatte. Die Berliner wurden wegen dieser
Maßnahme beim DFB vorstellig und protestierten, aber es
blieb dabei: Es wurde in Nürnberg gespielt. Die
Berliner waren stocksauer, aber sie traten an. Nun sind
wir also bei dem großen Endspiel 1929 in Nürnberg. Vor
50 000 begeisterten Zuschauern standen sich im Stadion
bei schönstem Wetter folgende Mannschaften gegenüber:
SpVgg Fürth: Neger, Hagen, Krauß I,
Röschke, Leinberger, Krauß II, Auer, Rupprecht, Franz,
Frank, Kießling
Hertha BSC Berlin: Gelhaar, Domscheit, Schulz,
Ruch, Sobek, Fritze, Lehmann, Kirsei, Leuschner,
Müller, Völker
Die Berliner wurden vor dem Spiel von den Fotografen
gebeten, sich für ein Mannschaftsbild aufzustellen, was
jedoch aus Aberglauben abgelehnt wurde. Die Fürther
allerdings waren - was konnte schon passieren - die
Ruhe selber und ließen sich zur Erinnerung an dieses
Ereignis lächelnd ablichten. Doch die innere Spannung
konnten auch sie nicht verbergen. Die ersten
Spielminuten zeigten das ganz deutlich. Schließlich
führten sie nach einem Fehler Gelhaars, der einen
Kopfball Auers passieren ließ, doch 1:0.
Die Freude war riesig. Aber die Berliner mischten
mit, griffen an und deckten vielbeinig. Der Kampf wurde
von Dr. Peca Bauwens geleitet, dem späteren
DFB-Präsidenten. Der Doktor, ansonsten ein anerkannter
Fachmann in Sachen Fußball, erlaubte sich eine klare
Fehlentscheidung. Als Auer bei einem Durchbruch im
Strafraum der Berliner von Domscheit ganz klar gelegt
wurde, verweigerte er den Fürthern den fälligen
Elfmeter. Ein Höllenspektakel brach los. Einen "schöneren Elfmeter" gab es nicht, wurde
erklärt. Die Berliner waren dem Schwarzkittel dafür
dankbar, griffen stürmisch an und schossen noch vor der
Pause durch Hanne Sobek den Ausgleich.
Im zweiten Durchgang wurde das Spiel noch
aufregender. Franz wurde verletzt, schied kurz aus, kam
aber wieder. Hagen musste ebenfalls eine Zeitlang
pausieren, kämpfte aber wieder mit. Die Berliner
brachten eine unnötige Härte ins Spiel, die Fürther
reagierten zunächst empfindlich. Da aber Urbel Krauß,
Hagen und Leinberger wussten, wie man Affen Zucker gibt,
egalisierte man die Treterei etwas. Georg Frank schoss
erneut die Führung heraus. Nicht lange danach war es
wieder Sobek der den Ausgleich schaffte. Das war nicht
erwartet worden. Um es kurz zu machen: Karl Rupprecht
verwertete eine präzise Vorlage von Franz und erzielte
den 3:2-Endstand. Die SpVgg Fürth war zum dritten Male
deutscher Fußballmeister!
Wieder waren die Berliner nur zweiter Sieger. Viermal
in Folge im Endspiel, viermal verloren, das war hart.
Die Mannen um Sobek waren natürlich sehr verärgert.
Das artete dann in der Presse fast zur Verleumdung aus.
Man sei betrogen worden, wurde erklärt. Es wurde aber
verschwiegen, daß Dr. Bauwens das grobe Foul an Auer
"übersehen" hatte und eine mögliche 2:0-Führung
der Fürther verhinderte. Das hätte nämlich bereits
die Entscheidung sein können.
Obwohl sich die Nürnberger und Fürther nicht immer
ganz gruen waren, freute man sich doch darüber, daß
die Fürther den Kredit der Fußballhochburg vermehrt
und die Niederlage des Clubs gegen die Hertha "gerächt" hatten. Wie dem auch sei: die Fürther
waren Meister und freuten sich.
In den Kommentaren, die damals schon recht
umfangreich, sehr treffend und mitunter auch sehr
zynisch sein konnten, wurde beispielsweise erklärt, die
SpVgg Fürth habe die technisch beste Mannschaft
Deutschlands, der 1. FC Nürnberg stelle die beste
Kampfmannschaft und die Berliner verfügten über die
"Unglückself des Deutschen Reiches". Die Berliner
Presse berichtete nicht von den harten Tritten der
Leuschner, Domscheit und Schulze, auch nicht von dem
Ausscheiden des Fürther Verteidigers Hagen, aber davon,
daß der junge Hans Krauß mitunter derb
dazwischengefahren sei. Das soll genügen.
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Auer, Frank, Röschke, Hagen und Franz laufen zum Endspiel ein
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Zum Schluss sei noch erwähnt, daß die Fürther 1930 und
1931 wiederum um die deutsche Fußballmeisterschaft
mitspielten: 1930 schieden sie gegen den Sportclub Dresden
4:5 aus und im nachfolgenden Jahr gewann Hertha BSC in der
Zwischenrunde 3:1. Wieder einmal das "komische Berliner
Mädchen". Die Berliner wurden in diesen beiden Jahren
deutscher Meister. Sie standen sechs (!) Jahre im
Endspiel. Die Fürther haben den Berlinern oft das Konzept
verdorben, aber die launische Hertha wusste sich zu
revanchieren. Beispielsweise nach dem Zweiten Weltkrieg,
als sie die SpVgg im Pokalspiel mit 4:3 schlug und aus dem
Wettbewerb warf.
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